EuGH-Urteil im Dieselskandal: Umwelthilfe darf gegen KBA klagen

Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) darf im Dieselskandal gegen das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) klagen (Az. C-873/19). Zu dieser immens wichtigen Entscheidung kam der Europäische Gerichtshof (EuGH) am 8. November 2022. Aber welche Ausmaße nimmt der Dieselskandal durch das neue EuGH-Urteil nun an?

Nach über 100 Verfahren: DUH gelingt der Durchbruch

Seit Jahren kämpft die DUH gegen Autokonzerne, die hinsichtlich der eigentlichen Abgaswerte ihrer Fahrzeuge gelogen und betrogen haben. Insgesamt führt die DUH bereits über 100 Verfahren vor den deutschen Verwaltungsgerichten an.  Ziel der Verfahren: Nicht nur die Autohersteller, sondern vor allem das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) soll endlich zur Verantwortung gezogen werden.

Aber warum hat die DUH gerade das KBA im Visier? Hauptaufgabe des KBA ist es, dafür zu sorgen, dass der Fahrzeugtyp die einschlägigen Vorschriften und technische Anforderungen erfüllt. Ist das nicht der Fall, darf das Auto im Grunde nicht auf der Straße zugelassen werden. Eine Problematik im Dieselskandal war aber, dass das KBA regelmäßig behauptete, dass bestimmte Modelle die technischen Anforderungen erfüllen – auch wenn das nachweislich gar nicht der Fall war.

So verhielt es sich auch im vorliegenden Fall. Der gegenständliche VW ist mit einem sogenannten Thermofenster ausgestattet. Diese temperaturgesteuerte Abschalteinrichtung sorgt dafür, dass für den Großteil des Jahres eine gedrosselte oder sogar abgeschaltete Abgasreinigung stattfindet. In der Folge werden unionsrechtlich vorgegebene NOx-Grenzwerte teilweise erheblich überschritten. Der EuGH hatte bereits im Juli 2022 entschieden, dass das Thermofenster eine unzulässige Abschalteinrichtung darstellt. Durch das jüngste Urteil wurde diese Rechtsauffassung erneut bestätigt.

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Das KBA im Visier: Rückruf von Millionen Autos?

Dadurch, dass der EuGH das Thermofenster bereits als unzulässig einstufte, sind die dem entgegenstehenden Bescheide des KBA damit rechtswidrig. In der Folge muss der Hersteller nach wie vor die unzulässigen Abschalteinrichtungen entfernen und geeignete Maßnahmen zur Wiederherstellung der Vorschriftsmäßigkeit ergreifen.

Das geschieht in der Regel im Rahmen eines KBA-Rückrufs, bei dem das Auto in die Werkstatt gerufen wird. Dort wird in der Regel ein Software-Update aufgespielt, um die Abgasmanipulation „rückgängig“ zu machen. Wer der Aufforderung nicht nachkommt, muss letzten Endes mit der Stilllegung des Autos rechnen. Durch das EuGH-Urteil droht womöglich etlichen Autofahrer:innen das gleiche Schicksal.

Der DUH reichen diese Software-Updates jedoch nicht mehr aus. Im vorliegenden Verfahren forderte der Umweltverein eine Hardwarenachrüstung, um eine tatsächlich funktionierende Abgasreinigung zu ermöglichen. Sofern eine Hardwarenachrüstung nicht möglich sei oder angeboten wird, fordert die DUH die Stilllegung von Millionen betroffenen Autos und eine angemessene Entschädigung der Kunden.

Hintergründe des Urteils

Die DUH legte die entsprechende Klage gegen das KBA beim Schleswig- Holsteinischen Verwaltungsgericht ein. Das Gericht war der Meinung, dass die DUH nach deutschem Recht keine Klagebefugnis hat. Dementsprechend dürfe der Verein nicht gegen Entscheidungen des KBA vorgehen. Die Richter:innen vertraten hier die Meinung, dass die DUH nicht in ihren eigenen Rechten verletzt wurde. Durch das EuGH-Urteil ist diese falsche Annahme nun vom Tisch.

Deutsche Umweltvereinigungen haben durch das Urteil jetzt die Möglichkeit, gegen Entscheidungen des KBA vorzugehen und entsprechende Maßnahmen einzufordern.