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Krankschreibung: Was darf ich und was nicht?

  • Für Arbeitnehmer stellt sich oft die Frage, wie sie sich während der Krankschreibung verhalten sollen.
  • Oft ist nicht ganz klar, wann man sich beim Arbeitgeber krankmelden muss und ab wann man eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vom Arzt braucht.
  • Viele Beschäftigte sind auch unsicher, was sie eigentlich während der Arbeitsunfähigkeit machen dürfen und was sie lieber sein lassen sollten.
  • Im folgenden Artikel beantworten wir Ihnen diese Fragen und informieren Sie

Wann muss ich meinem Chef die Krankheit melden?

Können Sie als Arbeitnehmer aus gesundheitlichen Gründen nicht zur Arbeit gehen, sind Sie verpflichtet, Ihren Arbeitgeber unverzüglich darüber zu informieren. Dabei müssen Sie auch angeben, wie lange Sie der Arbeit voraussichtlich fernbleiben, und wann Sie einen Arzt aufsuchen werden. Dazu sollten Sie sich am Tag der Erkrankung bis spätestens eine Stunde nach Arbeitsbeginn telefonisch bei Ihrem Arbeitgeber melden. Wenn Sie sich sicher sind, dass der Chef bereits am Morgen all seine E-Mails kontrolliert, können Sie auch per E-Mail Bescheid geben.

Sollte Ihr Chef nicht darüber informiert sein, warum Sie fehlen, kann das als "unentschuldigter Fehltag" gewertet werden. In dem Fall entfällt Ihr Anspruch auf Lohn bzw. Gehalt für diesen Tag und auch eine Abmahnung ist für dieses Fehlverhalten möglich.

Elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ersetzt den "gelben Schein"

Seit dem 1. Januar 2023 hat der „gelbe Schein“ ausgedient. Im Krankheitsfall werden die relevanten Daten erkrankter Mitarbeitenden per elektronischer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (eAU) an den Arbeitgeber übermittelt. Arbeitnehmer:innen müssen künftig also keine Papierbescheinigung mehr vorlegen. Nachdem es eigentlich bereits Anfang 2022 hätte so weit sein sollen, ist das Verfahren nun flächendeckend verpflichtend. Einige Arbeitgeber hatten es in den vergangenen zwei Jahren bereits getestet. Arbeitgeber müssen nun im Krankheitsfall die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ihrer Mitarbeitenden selbst elektronisch bei den Krankenkassen abrufen. Dafür muss dem Arbeitgeber der Name der Krankenkasse mitgeteilt werden. Dies gilt auch für Minijobber.

Um an dem eAU-Verfahren teilnehmen zu können, ist ein zertifiziertes Entgeltabrechnungsprogramm und ein elektronisches Zeiterfassungssystem nötig. Der Abruf der eAU bei der Krankenkasse ist an gewisse Bedingungen geknüpft: Zunächst einmal muss ein gültiger Arbeitsvertrag vorliegen. Außerdem muss der Mitarbeitende seine Erkrankung und deren voraussichtliche Dauer dem Arbeitgeber mitgeteilt haben. Liegt also ein Arbeitsvertrag und eine (z.B. telefonische) Krankmeldung vor, darf der Arbeitgeber die Daten über den Kommunikationsserver der Krankenkasse anfordern. Hat der Mitarbeitende mehrere Beschäftigungsverhältnisse, dürfen alle Arbeitgeber die eAU anfordern. Dauert die Erkrankung länger als sechs Wochen an, kann der Arbeitgeber nach Ablauf der Zeit das Ende der Entgeltersatzleistung anfragen.

Das neue eAU-Verfahren gilt nur für gesetzlich krankenversicherte Arbeitnehmer. Für privat Versicherte, Menschen in Reha- oder Präventionsmaßnahmen oder Minijobber in Privathaushalten gilt es nicht. Wer möchte, bekommt trotzdem eine Bescheinigung in Papierform zur privaten Dokumentation. Und auch weiterhin gilt: Wer krank ist, sollte unverzüglich seinen Arbeitgeber davon in Kenntnis setzen.

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Was ist Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall?

Bereits ab dem ersten Tag der Erkrankung haben Sie Anspruch auf die sogenannte Entgeltfortzahlung. Dabei erhalten Sie Ihren Lohn wie gewohnt vom Arbeitgeber über einen Zeitraum von höchstens 42 Kalendertagen, also 6 Wochen. Ein bereits begonnener Arbeitstag, der wegen einer Erkrankung "abgebrochen" werden musste, wird bei der Entgeltfortzahlung nicht mit berücksichtigt. Die Krankheit darf nicht durch selbstverschuldetes Verhalten ausgelöst werden. Wer sich im Winter erkältet, und deswegen der Arbeit fern bleiben muss, wird garantiert eine Entgeltfortzahlung erhalten. Wenn Sie jedoch durch nachgewiesene Trunkenheit einen Schaden erleiden, kann Ihr Arbeitgeber die Entgeltfortzahlung im Zweifel verweigern.

Der Anspruch auf eine Entgeltfortzahlung für maximal 42 Tage erhöht sich auch dann nicht, wenn zu der bestehenden Erkrankung noch eine weitere hinzukommt. Wegen ein und derselben Krankheit haben Sie frühestens nach sechs Monaten einen erneuten Anspruch auf 42 Tage Entgeltfortzahlung.

Entgeltfortzahlung mit Unterbrechung

Wenn Sie Ihre Arbeit nach beispielsweise zwei Wochen Arbeitsunfähigkeit wieder aufnehmen und dann merken, dass Sie doch noch nicht belastbar sind und wegen derselben Krankheit erneut ausfallen, kann die Entgeltfortzahlung für die verbleibenden vier Wochen weiter ausgezahlt werden. Hierfür müssen Sie sich die erneute bzw. andauernde Arbeitsunfähigkeit von Ihrem behandelnden Arzt bestätigen lassen.

Anders verhält es sich, wenn Sie aus einer Arbeitsunfähigkeit zurückkehren und kurz darauf wegen einer anderen Krankheit ausfallen. Dann haben Sie erneut Anspruch auf die vollen sechs Wochen Entgeltfortzahlung. Dabei kommt es auch nicht darauf an, ob Sie eine Woche, einen Tag oder eine Stunde gearbeitet haben.

Das Krankengeld bei Arbeitsausfall

Wer länger als sechs Wochen durch dieselbe Krankheit arbeitsunfähig ist, hat Anspruch auf Krankengeld. Dafür müssen Sie sich rechtzeitig bei der Krankenkasse melden und das Krankengeld beantragen. Das Krankengeld fällt in der Regel niedriger aus als die Entgeltfortzahlung, nämlich in der Regel 70 % des Bruttoverdienstes. Im Prinzip haben Sie bereits ab dem ersten Tag der Krankschreibung einen Anspruch auf Krankengeld, das aber für die ersten sechs Wochen zu Gunsten der Entgeltfortzahlung ausgesetzt wird.

Insgesamt bekommen Sie bei fortlaufender Erkrankung für 78 Wochen Krankengeld. Allerdings werden die sechs Wochen der Entgeltfortzahlung hierauf angerechnet, sodass die Krankenkasse in den meisten Fällen nur 72 Wochen Krankengeld zahlt. Sollte es innerhalb dieser Zeit zu einer zweiten Erkrankung kommen, wird die Bezugsdauer nicht weiter angehoben. Frühestens drei Jahre nach Beginn der Krankschreibung haben Sie erneut Anspruch auf Krankengeld, sofern Sie innerhalb der drei Jahre wenigstens für sechs Monate wieder Ihren Beruf ausgeübt oder dem Arbeitsmarkt zur Verfügung gestanden haben.

Was ist genesungsförderliches & genesungswidriges Verhalten?

Während einer Krankheit sollten Sie sich "genesungsförderlich" verhalten, um Ihre Arbeitsfähigkeit schnellstmöglich wiederherzustellen. "Genesungsförderlich" meint sämtliche zumutbare Maßnahmen, die den Heilungsprozess beschleunigen. Wenn Ihnen der Arzt Bettruhe verschreibt, sollten Sie diesen Rat also beherzigen. Doch auch Bewegung kann "genesungsförderlich" sein, z. B. wenn der Arzt eine entsprechende Empfehlung gibt.

Insbesondere sind Sie aber dazu verpflichtet, sich nicht "genesungswidrig" zu verhalten. Dazu gehört bspw. die Missachtung ärztlicher Empfehlungen oder auch offensichtliche Fehltritte, wie Alkoholkonsum und Parties während der Krankschreibung. Verstößt der Arbeitnehmer gegen diese Verpflichtung, kann das eine Abmahnung nach sich ziehen oder im schlimmsten Fall zur verhaltensbedingten Kündigung führen.

Häufige Fragen zum Thema Krankschreibung

Das "genesungsförderliche" Verhalten sollte sich an den Ratschlägen der behandelnden Ärzte orientieren. Wenn Ihnen der Arzt dazu rät, an die frische Luft zu gehen, sind Spaziergänge gesundheitsfördernd. Einkäufe und der Apothekenbesuch sind im Falle einer Arbeitsunfähigkeit auch nicht verboten. Wenn Sie sich von Ihrer Familie oder Ihrem Lebensgefährten pflegen lassen möchten, und dafür die eigene Wohnung verlassen, ist auch das kein Problem.

Reisen sind nur in Ausnahmefällen im Sinne der Genesung und sollten auf jeden Fall mit dem Chef abgesprochen sein. Sportliche Betätigungen können unter Umständen die Genesung beschleunigen und werden zum Teil auch von Ärzten empfohlen. Leichtes Joggen ist hierbei ebenso inbegriffen wie der wöchentliche Yoga-Kurs. Das ist allerdings immer stark abhängig von der Art der Erkrankung.

Auch wenn Sie die Möglichkeit haben, im Home-Office zu arbeiten, sollten Sie sich während einer Krankschreibung schonen. Denn Ihr Arbeitgeber kann von Ihnen keine beruflichen Tätigkeiten verlangen, solange Sie krankgeschrieben sind. Nur wenn spezielle Fragen aufkommen, die nur Sie beantworten können, darf Sie Ihr Chef in betrieblichen Angelegenheit befragen.

Wenn der Arzt Bettruhe empfiehlt, sollten Sie sich unbedingt daran halten. Sportarten mit einem hohen Energieaufwand verhindern in den meisten Fällen eine schnelle Genesung. Ein ungezwungenes Fußballspiel unter Freunden kann Sie schnell in Erklärungsnot bringen. Außerdem sollten Besuche in Restaurants, Diskotheken oder Bars vermieden werden, da hier in der Regel der Eindruck entsteht, Sie würden "krankfeiern". Besonders Alkoholkonsum wird wohl bei jeder Art von Krankheit als genesungswidrig eingestuft werden.

Soziale Netzwerke wie Facebook, twitter oder Instagram sollten im Falle einer Arbeitsunfähigkeit auch mit Vorsicht genossen werden. Sie sind zwar durch das allgemeine Persönlichkeitsrecht in Ihrer Privatsphäre geschützt. Veröffentlichen Sie jedoch private Fotos, stellen Sie einen Teil Ihres Privatlebens der Öffentlichkeit zur Verfügung. Wenn Ihr Vorgesetzter Bilder von Ihnen bei einer ausgelassenen Feier oder am Strand sieht, könnte dies in ihm Zweifel an Ihrer Arbeitsunfähigkeit wecken. Das wiederum wird sich wahrscheinlich negativ auf Ihr Arbeitsverhältnis auswirken.

Oft fühlen sich Arbeitnehmer bereits nach wenigen Tagen soweit gesund, dass sie am liebsten gleich an ihren Arbeitsplatz zurückkehren wollen. Die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ist nur eine Einschätzung, wie lange die Genesung höchstens in Anspruch nehmen sollte. Wenn Sie sich selbst als gesund einschätzen, können Sie ohne einen erneuten Arztbesuch zurück an den Arbeitsplatz. Eine "Gesundschreibung" gibt es nicht.

Sie müssen sich auch keine Sorgen um Ihren Krankenversicherungsschutz machen. Der weit verbreitete Glaube, man sei nicht versichert, wenn man während einer ärztlichen Krankschreibung arbeiten geht, entspricht nicht der Wahrheit.

Der Arbeitgeber kann anhand der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung nicht ablesen, durch welche Krankheit Sie ausfallen. Es ist auch Ihr gutes Recht, dass der Arbeitgeber nichts über die Art der Krankheit und Diagnose erfährt. Hegt der Arbeitgeber Zweifel an der Krankheit eines Beschäftigten, etwa weil dieser in regelmäßigen Abständen oder immer an bestimmten Tagen fehlt, kann er die Krankenkasse des Arbeitnehmers kontaktieren. Diese kann er um weitere Auskünfte durch den Medizinischen Dienst der Krankenkassen (MDK) bitten. So kann der Arbeitgeber ein Gutachten über die Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers veranlassen. Stimmt das Gutachten nicht mit der Diagnose des Arztes überein, erhält der Arbeitgeber eine Mitteilung.

Details zur Krankheit darf der Arbeitgeber jedoch nicht erfahren. Sollte durch das Gutachten des MDK herauskommen, dass der Arbeitnehmer eine Krankheit lediglich simuliert, kann der Arbeitgeber diesen mitunter abmahnen oder kündigen.

Wenn Sie krank sind, darf Ihr Arbeitgeber Sie nicht einfach ausspionieren. Ein Detektiv kann lediglich dann angefordert werden, wenn Sie im Verdacht einer Straftat oder einer "schwerwiegenden Pflichtverletzung" stehen. So klagte etwa eine Firma gegen einen ihrer Beschäftigten, weil dessen Privatfahrzeug trotz dessen Krankschreibung vor einem anderen Unternehmen aufgefunden wurde. Beide Firmen sind auf den Stanzformenbau spezialisiert. Der Arbeitgeber warf seinem Angestellten somit vor, während seiner Krankschreibung in einem konkurrierenden Betrieb tätig gewesen zu sein. Der Arbeitgeber schaltet einen Detektiv ein, um die Konkurrenztätigkeit festzustellen. Der Beschäftigte wurde außerordentlich und später noch ordentlich gekündigt.

Das Bundesarbeitsgericht gab dem Arbeitgeber in diesem Fall Recht. Er durfte einen Detektiv zur Beschattung des Beschäftigten engagieren und auch die folgende Kündigung war rechtens (BAG, 2 AZR 597/16).