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Vorweggenommene Erbfolge: Können Sie Erbschaftssteuern durch Schenkungen umgehen?

  • Bei einer vorweggenommenen Erbfolge verschenkt ein künftiger Erblasser sein Vermögen bereits zu Lebzeiten — es handelt sich um Schenkungen vor dem Erbfall.
  • Das Erbe wird durch die Schenkung zu Lebzeiten “vorweggenommen”. Dadurch ergeben sich steuerliche Vorteile.
  • Alle zehn Jahre werden persönliche Freibeträge gewährt, auf die keine Schenkungssteuern erhoben werden.
  • Sie sind sich unsicher, ob eine vorweggenommene Erbfolge Ihnen Vorteile bietet? Wir beraten Sie und prüfen, ob eine Schenkung Sie steuerlich entlastet.
Aktualisiert am 15.02.23

Vorweggenommene Erbfolge: Was ist das eigentlich?

Von einem vorweggenommenen Erbe spricht man, wenn ein künftiger Erblasser seinen Nachlass an jene Familienangehörigen verschenkt, die das Vermögen später ohnehin geerbt hätten. Ein vorweggenommenes Erbe ist also eine Schenkung, die das Vermögen an die späteren Erben überträgt. Bei einer vorweggenommenen Erbfolge wird in den meisten Fällen nicht das gesamte Vermögen verschenkt, sondern nur Teile davon oder Einzelstücke – wie beispielsweise Immobilien.

Ein vorzeitiges Erbe ist für viele vor allem wegen der steuerlichen Vorteile interessant. Das Prinzip ist im Grunde schnell erklärt: Die Erbschaftssteuer wird umgangen, indem das Vermögen bereits zu Lebzeiten verschenkt und nicht vererbt wird.

Eine vorweggenommene Erbfolge ist oft mit einem Erbverzicht verbunden: Eine Schenkung unter Lebenden ist keine Aufhebung der gesetzlichen Erbfolge. Das bedeutet, dass die beschenkten Abkömmlinge nach dem Ableben des Erblassers noch immer Ansprüche auf den Nachlass haben. Um das zu verhindern, wird bei einer Schenkung zu Lebzeiten oft ein gleichzeitiger Erbverzicht vereinbart: Es wird festgehalten, dass ein Angehöriger seinen Erbteil bereits erhalten hat und in der Erbfolge nicht mehr berücksichtigt wird. Ein solcher Erbverzichtsvertrag muss von einem Notar beglaubigt werden.

Bedenken Sie Pflegekosten im Alter

Eine vorweggenommene Erbfolge kommt vor allem den Nachkommen zugute. Bei aller Großzügigkeit sollten Sie jedoch Ihre eigene finanzielle Absicherung nicht vergessen. Es gibt immer die Gefahr, dass Sie im Alter auf Pflege angewiesen sind. Immer häufiger kommt es vor, dass die Rente zur Deckung der Pflegekosten nicht mehr ausreicht.

Sie sollten daher nie Ihr gesamtes Vermögen verschenken, sondern nur einen Teil davon. Zwischen einer vorweggenommenen Erbfolge und dem regulären Erbfall können mehrere Jahrzehnte vergehen, in denen Sie möglicherweise auf die verschenkten Vermögenswerte angewiesen sind.

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Vorteile einer vorweggenommenen Erbfolge

#1 Steuerentlastung

Ein vorgezogenes Erbe ist im Grunde nichts anderes als eine Schenkung. Auf Schenkungen werden zwar ebenfalls Steuern erhoben, allerdings gewährt das Schenkungssteuergesetz persönliche Freibeträge: Kinder haben jeweils einen Freibetrag von 400.000 Euro, Ehepartner haben einen Freibetrag von 500.000 Euro. Es lassen sich also auch hohe Vermögenswerte steuerfrei verschenken.

  • Ein weiterer Vorteil: Alle zehn Jahre wird ein neuer Freibetrag gewährt. 

Bei Schenkungen gilt die 10-Jahresfrist. Haben Sie einen Freibetrag beispielsweise bereits im Jahr 2015 genutzt, dann können Sie diesen erst wieder 2025 steuerfrei verschenken. Wenn Sie ein hohes Vermögen besitzen und wirklich alles an Ihre Angehörigen verschenken wollen, dann müssen Sie eine vorweggenommene Erbfolge demnach über einen längeren Zeitraum planen.

Steuerentlastung bei vorweggenommener Erbfolge: Ein Beispiel

Das folgende Beispiel verdeutlicht, welche steuerlichen Vorteile sich durch die Schenkungen zu Lebzeiten ergeben: Ein Schenker besitzt ein Vermögen von 5 Millionen Euro und überträgt dieses noch zu Lebzeiten an seine Angehörigen. Im Jahr 2013 hat er 500.000 an seinen Ehepartner und jeweils 400.000 Euro an seine vier Kinder verschenkt. Insgesamt hat er also 2,1 Millionen Euro völlig steuerfrei übertragen. 2023 kann er die Freibeträge erneut nutzen und weitere Teile seines Vermögens verschenken.

Ohne die vorzeitige Erbfolge würden Steuern anfallen — das zeigt dieses Beispiel: Der Ehepartner erbt die Hälfte, also 2,5 Millionen Euro (wenn eine Zugewinngemeinschaft besteht). Der Ehegattenfreibetrag beträgt 500.000 Euro — auf diesen Betrag werden keinerlei Steuern erhoben. Zudem wird Ehepartnern ein Versorgungsfreibetrag von 256.000 Euro gewährt. Der Ehepartner muss demnach Steuern auf 1.744.000 Euro zahlen. Für Ehepartner gilt ein Steuersatz von 19 Prozent. Das sind 331.360 Euro, die an Steuern gezahlt werden müssen.

Wie sieht es also bei den Kindern aus? Jedes der vier Kinder erbt 625.000 Euro. Nach Abzug des Freibetrags muss jedes Kind 225.000 Euro versteuern. Bei einem Steuersatz von 15 Prozent sind dies 33.750 Euro, die jedes Kind an Steuern abführen muss.

#2 Übertragung von Immobilien

Eine Übertragung von Immobilien unter Lebenden hat einige Vorteile: Schenker können die Zuwendung gegen Wohnrecht veranlassen und die Räumlichkeiten der Immobilie weiterhin selbst nutzen. In den meisten Fällen erfolgt eine Schenkung von Immobilien daher gegen Vorbehalt des Wohnungsrechts.

Bei einer vorweggenommenen Erbfolge können sich spätere Erblasser zudem ein Nießrecht vorbehalten. Das bedeutet, dass die Mieteinnahmen nach der Übertragung dem Schenker zufließen.

  • Schenkungen sind von der Grunderwerbssteuer befreit.

Es führt normalerweise kein Weg drumherum: Wer in Deutschland eine Wohnung oder ein Haus kauft, muss Grunderwerbssteuer zahlen. Grundstückserwerbe von Todes wegen oder durch Schenkungen sind jedoch eine Ausnahme und von der Grunderwerbssteuer befreit. Völlig steuerfrei sind diese Schenkungen deswegen nicht: Es wird noch die Schenkungssteuer erhoben. Hier gelten wieder die üblichen Freibeträge, auf die keine Steuern gezahlt werden müssen.

#3 Finanzielle Absicherung der Nachkommen

In den meisten Fällen tritt ein Erbfall erst dann ein, wenn die Kinder bereits erwachsen sind. Das Geld kommt den Kindern oft erst dann zugute, wenn diese bereits ein eigenes Vermögen aufgebaut haben. Daher kann es sinnvoll sein, einen Teil ihres Vermögens noch zu Lebzeiten an die Kinder zu übertragen, wenn diese zum Beispiel selbst gerade eine Familie gründen oder während des Studiums finanzielle Unterstützung und Stabilität benötigen.

Setzen Sie einen Schenkungsvertrag mit Rückfallklausel ein

Das Erbe zu Lebzeiten verschenken und Erbschaftssteuern sparen – es klingt so einfach. Allerdings sollten Sie eine vorweggenommene Erbfolge niemals leichtfertig veranlassen. In Wahrheit gibt es nämlich einige Besonderheiten, die Sie unbedingt beachten sollten, damit Sie Ihre Schenkung später nicht bereuen.

Eine Schenkung kann nur in besonderen Fällen zurückgefordert werden. Daher ist es immer sinnvoll, einen Schenkungsvertrag mit Rückfallklausel einzubauen. Mit einer solchen Klausel können die verschenkten Vermögenswerte an den Schenker zurückübertragen werden. Eine Rückfallklausel ist besonders wichtig, wenn Sie ein großes Vermögen verschenken, das Sie im Notfall später selbst benötigen.

Bei der Rückübertragung fallen keine weiteren Schenkungssteuern an.

Ausgleich des Erbteils bei Schenkung

Ergänzungsansprüche sind besonders unter Geschwistern ein Thema, bei dem es häufig Streit gibt. Wenn ein Erblasser mehrere Kinder hat, aber nur eines zu Lebzeiten in Form eines vorgezogenen Erbes beschenkt, dann verringert sich dadurch der Erbteil der anderen Kinder. Daraus können sich Ergänzungsansprüche ergeben.

#1 Beachten Sie die 10-Jahresfrist bei Schenkungen

Oft hatte eines der Geschwister ein besseres Verhältnis zum Erblasser. Was passiert also, wenn eines der Kinder schon zu Lebzeiten beerbt wurde, das andere aber nicht? Normalerweise werden die Schenkungen, die zu Lebzeiten getätigt wurden, der Erbmasse wieder hinzugerechnet. Es wird also so getan, als ob es die Schenkung nicht gegeben hätte.

Eine Schenkung wird dem gesetzlichen Erbteil aber nicht automatisch hinzugerechnet. Entscheidend ist der Zeitpunkt der Zuwendung: Nur Schenkungen innerhalb der letzten zehn Jahre werden der Erbmasse wieder hinzugerechnet. Wurde die Schenkung ein Jahr vor dem Tod des Erblassers getätigt, wird diese in voller Höhe hinzugefügt. Mit jedem Jahr, das zwischen der Schenkung und dem Erbfall liegt, verringert sich der angerechnete Teil um ein Zehntel. Das bedeutet, dass Schenkungen, die mehr als zehn Jahre zurückliegen, gar nicht mehr hinzugerechnet werden. Diese Vorgehensweise wird auch Abschmelzung genannt.

Ähnlich verhält es sich mit dem Pflichtteil. Ein vorzeitiges Erbe ist im Grunde nichts anderes als eine Schenkung; und Schenkungen lösen grundsätzlich einen sogenannten Pflichtteilsergänzungsanspruch aus. Angehörige mit einem Anspruch auf den Pflichtteil könnten also Ihren Anspruch auf Ergänzung geltend machen, wenn ihr Anteil am Erbe durch eine Schenkung verkleinert wurde. Auch hier gilt jedoch: Es werden nur Schenkungen berücksichtigt, die der Erblasser in den letzten zehn Jahren vor seinem Tod getätigt hat.

#2 Anrechnung von Schenkung auf den Erbteil

Ein künftiger Erblasser kann allerdings immer für Ausgleich sorgen, damit unter den späteren Erben kein Streit entsteht: Hierfür muss der Erblasser im Testament vermerken, dass die Schenkung zu Lebzeiten auf den Erbteil angerechnet werden muss. Liegt kein Testament vor, greift die gesetzliche Erbfolge: Auch für diesen Fall muss der Erblasser im Schenkungsvertrag anordnen, dass die Schenkung für die Berechnung des Erbteils berücksichtigt werden muss.

Ein vorzeitiges Erbe ist im Grunde nichts anderes als eine Schenkung. Alle Zuwendungen zu Lebzeiten verkleinern das Vermögen, das später vererbt wird — und daraus ergeben sich in den meisten Fällen Pflichtteilsansprüche. Das ist besonders für Geschwister wichtig: Wenn ein Erblasser eines seiner Kinder zu Lebzeiten beschenkt, ergeben sich daraus Ergänzungsansprüche für die

Kann ich durch eine Schenkung den Pflichtteil von enterbten Angehörigen verringern?

Wenn Sie pflichtteilsberechtigte Angehörige enterben, haben diese noch immer Anspruch auf den Pflichtteil, also auf die Hälfte des gesetzlichen Erbteils. Wurde das Vermögen, aus dem der Pflichtteil berechnet wird, durch Schenkungen zu Lebzeiten verringert, haben die Pflichtteilsberechtigten einen Anspruch auf Ergänzung. Liegen zwischen der Zuwendung und dem Erbfall mehr als zehn Jahre, wird der Wert der Schenkung allerdings nicht mehr berücksichtigt.

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