Ein Praxis-Beispiel für eine Enterbung ist: “Meine Tochter Marianne soll nichts erben.” Ein handschriftlich verfasstes und unterschriebenes Testament ist bereits ohne notarielle Beglaubigung wirksam, und daher wäre eine solche Formulierung gültig und würde die betreffende Person enterben. Es ist auch möglich, eine Person zum Alleinerben zu machen und somit alle anderen Personen auszuschließen. In der Praxis könnte eine Formulierung so lauten: “Mein Sohn Thomas soll alleiniger Erbe sein.” In diesem Falle wären alle anderen Abkömmlinge enterbt.
Wird eine Person enterbt, dann wird diese Person in der Verteilung des Vermögens nicht berücksichtigt. In der gesetzlichen Erbfolge ist die enterbte Person praktisch also nicht existent. Hat der Erblasser beispielsweise als einzige Erben zwei Kinder, einen Sohn und eine Tochter, und enterbt seinen Sohn, dann wird die Tochter alleinige Erbin und der Anteil des Enterbten geht vollständig an sie. In diesem Fall hätte der enterbte Sohn jedoch noch immer einen Anspruch auf den Pflichtteil.
Eine enterbte Person erfährt von ihrer Enterbung normalerweise durch das Nachlassgericht. Wenn das Testament notariell beglaubigt wurde, bringt der Notar das Testament zur amtlichen Verwahrung ins Nachlassgericht. Auch handschriftliche Testamente werden in vielen Fällen zum Nachlassgericht gebracht, um die Sicherung des Dokuments zu garantieren.
Niemand wird gern enterbt; die Möglichkeiten, gegen eine Enterbung juristisch vorzugehen, sind jedoch gering. Erfolgschancen bestehen grundsätzlich nur, wenn die Wirksamkeit eines Testaments angezweifelt werden kann. Gründe, aus denen ein Testament unrechtmäßig sein könnte, sind beispielsweise:
- Die Testierfähigkeit des Erblassers wird angezweifelt. Der Erblasser war zum Zeitpunkt der Testamenterstellung nicht im Vollbesitz seiner geistigen Kräfte.
- Der Erblasser wurde zum Zeitpunkt der Testamenterstellung bedroht.
- Es liegt eine arglistige und bösartige Täuschung vor, ohne die der Erblasser die Enterbung nicht veranlasst hätte.
Natürlich muss auch das Testament selbst formal korrekt aufgesetzt worden sein. Sind die formalen Vorgaben eines Testaments nicht eingehalten worden, wurde es also beispielsweise nicht handschriftlich verfasst oder unterschrieben, dann ist das Dokument und somit auch die Enterbung ungültig.
Es gibt bestimmte Umstände, unter denen ein Erblasser einem nahen Angehörigen das Recht auf den Pflichtteil entziehen kann. Dafür muss es jedoch einen Grund geben.
Der Erblasser kann einer pflichtteilsberechtigten Person den Anspruch auf den Pflichtteil entziehen, wenn der Pflichtteilsberechtigte:
- dem Erblasser, dem Ehegatten des Erblassers oder einem Abkömmling nach dem Leben trachtet;
- ein schweres Verbrechen gegen den Erblasser oder ihm nahestehenden Personen verübt;
- die gesetzliche Unterhaltspflicht böswillig verletzt hat;
- wegen einer Straftat zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt wurde und die Teilhabe am Nachlass aufgrund der Schwere der Straftat für den Erblasser unzumutbar ist.