Auf dem Prüfstand wird der Schadstoffausstoß eines Fahrzeugs gemessen. Neben der Lenkwinkel-Funktion steht vor allem das sogenannte “Thermofenster” im Fokus. Das erkennt, wann das Auto sich auf dem Prüfstand befindet. Bei einer Außentemperatur zwischen 20 und 30 °C aktiviert die Software die Schadstoffregulierung. Jedoch beträgt die Durchschnittstemperatur in Deutschland nur 15 °C. So ist die Schadstoffregulierung lediglich in wenigen Monaten eines Jahres aktiviert.
Während Volkswagen das Thermofenster als notwendigen Schutz für den Motor erachtet, sieht der Europäische Gerichtshof (EuGH) das anders. Am 17. Dezember 2020 erklärten die Richter vom höchsten Zivilgericht Europas diese Technologie für illegal. Weltweit sind mehr als 11 Millionen VW-Fahrzeuge vom Dieselskandal betroffen.
Bei folgenden Fahrzeugen von Volkswagen ist eine Manipulation bereits bekannt:
- VW Amarok 3.0 TDI
- VW Arteon (2.0)
- VW Beetle (1,6 TDI und 2,0 TDI) (2011-2014)
- VW Caddy (1.6 TDI, 1.6 TDI BlueMotion Technology, 2.0 TDI, 2.0 TDI BlueMotion Technology) (2005-2014)
- VW CC (2.0)
- VW Eos (2.0 TDI)
- VW Golf (1.4 TSI, 1.6 TDI)
- VW Golf Sportsvan (1.6 und 2.0)
- VW Golf VI (GTD, 1.6 TDI, 1.6 TDI BlueMotion,1.6 TDI BlueMotion Technology, 12.0 TDI, Variant, Cabrio, Golf Plus)
- VW Golf VII 1.6 TDI Variant (Euro 6) (1.6 und 2.0)
- VW Jetta VI (1.6 und 2.0)
- VW Passat (1.4 TSI, 1.6 TDI, 2.0 TDI, 2.0 TDI Variant)
- VW Passat B6, B7 und CC (1.6 TDI BlueMotion, 1.6 TDI BlueMotion Technology, 2.0 TDI BlueMotion Technology) (2008-2014)
- VW Passat B8 (1.6 und 2.0)
- VW Phaeton 3.0 TDI
- VW Polo (1,4 TSI, 1.6 TDI)
- VW Polo (1.6 TDI, 1.6 TDI BlueMotion Technology)
- VW Polo VI (1.6)
- VW Scirocco (2.0 TDI, 2.0 TDI BlueMotion Technology)
- VW Scirocco III (2.0)
- VW Sharan Highline
- VW Sharan I und II (2.0 TDI BlueMotion Technology, 2.0 TDI BlueMotion) (2008-2014)
- VW Sharan II (2.0)
- VW T-Roc (1.6 und 2.0)
- VW T5 Multivan (2.0 TDI) (2009-2013)
- VW T6 Transporter 2.0 TDI
- VW Tiguan (2.0 TDI) (2007-2015)
- VW Tiguan II (2.0)
- VW Touareg 3.0 TDI
- VW Touran (1.6 TDI, 2.0 TDI) (2005-2014)
- VW Touran II (1.6 und 2.0)
- VW Transporter (2008-2015)
Nahezu alle Motoren, die Volkswagen zwischen 2006 und 2017 hergestellt hat, wurden mit illegalen Abschalteinrichtungen ausgestattet.
Betroffen sind diese 1.2, 1.6, 2.0, 3.0 und 4.2 Liter TDI-Motoren:
- EA189
- EA288
- EA896
- EA897
Im Zuge des Dieselskandals wurden Millionen von VW Dieselautos in die Werkstätten beordert, um ein Software-Update installieren zu lassen.
Folgende verpflichtende Rückrufe, die das Kraftfahrt-Bundesamt überwachte, wurden bisher durchgeführt:
Modellname |
Rückrufcode |
Baujahr von |
Baujahr bis |
Amarok |
23R7 |
2009 |
2012 |
Beetle |
23R7 |
2007 |
2016 |
Caddy |
23R7 |
2007 |
2017 |
CC |
23R7 |
2007 |
2017 |
Crafter |
23BD |
2008 |
2013 |
Eos |
23R7 |
2007 |
2017 |
Golf |
23R7 |
2006 |
2017 |
Golf Variant |
23R7 |
2009 |
2012 |
Jetta |
23R7 |
2006 |
2017 |
Passat CC |
23R7 |
2009 |
2014 |
Passat |
23R7 |
2006 |
2017 |
Polo |
23R7 |
2006 |
2017 |
Scirocco |
23R7 |
2006 |
2017 |
Sharan |
23R7 |
2007 |
2017 |
T6 |
23Z7 |
2009 |
2017 |
Touareg |
23Y3 |
2014 |
2017 |
Tiguan |
23R7 |
2006 |
2017 |
Touran |
23R7 |
2006 |
2017 |
Eine Sorge vieler Betrogener im Abgasskandal dreht sich um die Verjährung ihrer Ansprüche. Durch die Verzögerungs- und Hinhaltetaktik der Hersteller, wie Volkswagen, ist die dreijährige Verjährungsfrist für viele scheinbar ungenutzt verstrichen.
Doch es gibt gute Nachrichten für Dieselfahrer:innen mit dem EA189-Motor und zwar in Form des § 852 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB). Dem Paragrafen zufolge steht Betroffenen ein „Restschadensersatzanspruch” zu, der aus einer unerlaubten Handlung resultiert. Wie der Bundesgerichtshof 2020 urteilte, hat sich VW einer solchen unerlaubten Handlung schuldig gemacht.
Aus diesem Grund haben Geschädigte auch nach Eintritt der Verjährung Anspruch auf Schadensersatz. Und die Verjährungsfrist hierfür beträgt 10 Jahre. Mehrere Urteile von Oberlandesgerichten haben dies bereits im Sinne von Verbraucher:innen bestätigt, darunter das OLG Oldenburg (Az. 12 U 161/20) und OLG Stuttgart (Az. 10 339/20).
Auch weitere Motorenmodelle wie der EA288 oder EA879 wurden von VW und anderen Herstellern manipuliert. Hier ist immer noch alles drin, da sich die Klagen auf Schadensersatz innerhalb der gegebenen Verjährungsfrist von drei Jahren bewegen.
Um die Fortsetzung des Dieselskandals weitgehend klein zu halten, hat Volkswagen eine große Marketingkampagne ins Leben gerufen. Auf einer eigenen Website erklärt VW alle Klagen mit EA288-Motor für aussichtslos und warnt vor vermeintlichen Niederlagen vor Gericht. Betroffene Autofahrende sollten sich davon jedoch nicht entmutigen lassen.
Diverse Tests haben bereits ergeben, dass auch der EA288-Dieselmotor im realen Fahrbetrieb zu hohe Abgaswerte besitzt. Hier kommt insbesondere das sogenannte Thermofenster ins Spiel, das kürzlich vom Europäischen Gerichtshof (EuGH) für illegal erklärt wurde. Der Dieselskandal bei VW hat also noch lange kein Ende gefunden und betroffene Autobesitzer:Innen sollten noch immer ihren Anspruch gegenüber dem Hersteller geltend machen.
Unter Umständen haben Sie bereits ein Schreiben von VW oder dem Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) erhalten. Darin werden Sie gebeten, ein Software-Update vorzunehmen. Wir empfehlen dieser Aufforderung zunächst nicht nachzukommen. Das Software-Update beseitigt nicht in jedem Fall den erhöhten Schadstoffausstoß. Wenden Sie sich zunächst an uns und wir machen Ihre Ansprüche geltend, ohne dass Ihrem Fahrzeug ein Fahrverbot droht.
Haben Sie bisher kein Schreiben erhalten, nutzen Sie einfach und bequem unseren Online-Check. Dort erfahren Sie innerhalb weniger Minuten, ob Ihr Diesel vom Abgasskandal betroffen sind und wie Ihre Chancen auf Schadensersatz sind.
Das Software-Update wurde als Lösung für den Dieselskandal erdacht, nachdem 2015 an die Öffentlichkeit kam, dass die angeblich umweltfreundlichen Diesel manipuliert waren. Diese hielten nur auf dem Prüfstand Emissionsgrenzwerte ein und entpuppten sich im Realbetrieb als Dreckschleudern.
Mit dem Software-Update sollten einerseits die unerlaubten Abschalteinrichtungen entfernt werden und andererseits sollten die Diesel dadurch umweltfreundlicher und sauberer werden. Seine Versprechen hielt das Software-Update allerdings nicht ein. Vier große Probleme wurden schnell sichtbar:
- Fahrzeuge mit dem Update können trotzdem von Fahrverboten betroffen sein.
- Es gibt zahlreiche Berichte über ungewollte Nebeneffekte des Updates, wie z.B. erhöhter Spritverbrauch, Leistungseinbrüche oder Ausfälle beim Abgassystem.
- Es bestehen begründete Zweifel an der Wirksamkeit des Updates, wie Tests belegen.
- Mit dem Software-Update wurden neue Abschalteinrichtungen, wie das Thermofenster, installiert.
Öffentlich wurde der Dieselskandal 2015, als die US-amerikanische Umweltbehörde EPA Volkswagen vorwarf, den „Clean Air Act“ durch den Verkauf von ca. 590.000 Dieselautos verletzt zu haben. In diesen Fahrzeugen hatte Volkswagen eine Abschalteinrichtung eingebaut, die dafür sorgte, dass die Fahrzeuge nur auf dem Prüfstand Emissionsgrenzwerte einhielten – im realen Straßenbetrieb hingegen nicht.
Wenig später schwappte der Dieselskandal nach Deutschland über, als klar wurde, dass VW auch dort hunderttausende VW-Autos mit den manipulierten Motoren verkauft hatte.
Die Entscheidung, die Manipulationssoftware in die Fahrzeuge einzubauen, fiel bei VW allerdings schon Jahre früher, 2005. Zu diesem Zeitpunkt versuchten VW und Audi in den US-amerikanischen Markt vorzudringen. Dafür wurde der vorgebliche „Clean Diesel“ produziert und aggressiv vermarktet. Die Kampagnen verfingen und das Dieselauto wurde über Jahre mit Volkswagen synonym.
Wie die Öffentlichkeit 2015 erfuhr, handelte es sich dabei aber nur um einen ausgeklügelten Betrug.
Die Musterfeststellungsklage wurde von der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) 2019 mit dem Ziel eingereicht, feststellen zu lassen, dass VW Besitzer:innen eines Schummeldiesels entschädigen muss. Rund 430.000 geschädigte Verbraucher:innen hatten sich der Klage angeschlossen. Sie endete im April 2020 mit einem Vergleich zwischen der Klägerseite und VW. Infolge des Vergleichs schloss VW mit rund 235.000 Dieselfahrer:innen Vergleichsverträge und musste insgesamt rund 830 Millionen Euro Entschädigung zahlen.
Darüber hinaus wirkte die Musterfeststellungsklage für diejenigen, die ihre Schadensersatzansprüche lieber individuell durchsetzen wollten – und den Vergleich nicht annahmen – verjährungshemmend.
VW wird im Dieselskandal von diversen Kanzleien vertreten, die dafür da sind, Ansprüche geschädigter Dieselfahrer:innen abzuwehren. Dabei sind unter den führenden 50 Kanzleien in Deutschland mindestens 18 für VW im Dieselskandal tätig. 3 Kanzleien von den 18 sind für den Aufsichtsrat tätig, sowie für VW und Porsche bei der Abwehr von Kapitalanlegerklagen tätig. Die restlichen 15 sind aktiv mit den Dieselklagen beschäftigt.
Die bekannteste Kanzlei, die VW seit Anbeginn des Dieselskandals berät, ist „Freshfields Bruckhaus Deringer“. Mehr als 100 Anwält:innen sind allein in Deutschland im Einsatz. Die Kanzlei koordiniert auch viele der weiteren Kanzleien in ihrem Einsatz für VW gegen Dieselkläger:innen.