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Privatinsolvenz beantragen: Voraussetzungen und Ablauf erklärt

Die Privatinsolvenz gibt überschuldeten Privatpersonen die Möglichkeit, innerhalb von drei Jahren schuldenfrei zu werden. Dabei spielt es keine Rolle, wie hoch der Schuldenberg ist oder wie viele Gläubiger es gibt. Am Ende des Insolvenzverfahrens steht die Restschuldenbefreiung: Dem Schuldner werden, solange er sich an die gerichtlichen Auflagen gehalten hat, alle restlichen Schulden erlassen.

Aktualisiert am 10.07.23

Was bedeutet Privatinsolvenz?

Eine Privatinsolvenz (oft auch Verbraucherinsolvenz oder Privatkonkurs genannt) erlaubt es Privatpersonen, ihre Schulden zu beseitigen. Es spielt dabei keine Rolle, wie viele Schulden jemand angehäuft hat oder wie viele Gläubiger es gibt. Im Grunde soll die Privatinsolvenz die Schulden tilgen und gleichzeitig allen Gläubigern eine faire Entschädigung bieten. Voraussetzung für eine Privatinsolvenz ist immer, dass alle bisherigen Einigungsversuche mit den Gläubigern erfolglos geblieben sind.

Sobald Ihre Gläubiger alle Einigungsvorschläge abgelehnt haben, können Sie die Insolvenz beim Insolvenzgericht beantragen. Nun startet die sogenannte Wohlverhaltensphase, auch Abtretungsfrist genannt. Sie werden zu regelmäßigen Zahlungen verpflichtet und müssen sämtliches pfändbares Einkommen an einen Treuhänder oder einen Insolvenzverwalter abgeben. Diese Phase dauert in der Regel drei Jahre. Danach werden alle übrigen Schulden erlassen und der Schuldner kann einen Neuanfang starten. Der Haken: Eine Privatinsolvenz hat Auswirkungen auf die Kreditwürdigkeit des Schuldners. Eine Privatinsolvenz bedeutet fast immer einen negativen Schufa-Score — es wird somit (zumindest für einen gewissen Zeitraum) schwerer, Kredite aufzunehmen oder Verträge abzuschließen.

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Privatinsolvenz: Wie läuft sie ab?

Der Ablauf einer Privatinsolvenz ist gesetzlich vorgeschrieben und daher immer gleich. Wir schauen Schritt für Schritt auf die einzelnen Phasen.

1. Erfolglose Einigungsversuche mit Gläubigern

Einer Privatinsolvenz muss immer der Versuch einer außergerichtlichen Lösung vorausgehen. Das bedeutet: Private Schuldner sind verpflichtet, vor einem Insolvenzantrag eine Lösung mit den Gläubigern zu finden — erst, wenn ein solcher Versuch gescheitert ist, kann eine Restschuldenbefreiung beantragt werden.

Hierfür müssen Sie Ihren Gläubigern einen sogenannten Schuldenbereinigungsplan vorstellen. Alle Gläubiger müssen diesem Plan zustimmen. Wenn auch nur ein Gläubiger den Plan ablehnt, ist der Versuch der außergerichtlichen Einigung bereits gescheitert.

Wie sieht ein Schuldenbereinigungsplan aus?

In einem Schuldenbereinigungsplan sollten Sie folgende Angaben über Ihre finanzielle Situation machen:

  • Ihr Nettoeinkommen
  • Ihr pfändbares Einkommen
  • eine Liste aller Gläubiger und der Schuldenhöhe
  • Ihr aktuelles Guthaben zum Schuldenabbau
  • Wie können Sie die Schulden abbauen (Einmal- oder Ratenzahlung)?

2. Anwalt stellt Bescheinigung aus, dass außergerichtliche Lösung versucht wurde

Nachdem eine außergerichtliche Lösung gescheitert ist, muss ein Rechtsanwalt oder ein Schuldenberater einen Nachweis darüber ausstellen. Darin muss stehen, dass der Schuldner einen Schuldenbereinigungsplan vorgelegt hat und dieser von den Gläubigern abgelehnt wurde.

Mit diesem Nachweis ist nun klar, dass es keine andere Möglichkeit mehr gibt: Der Antrag auf eine Privatinsolvenz kann eröffnet werden.

3. Privatinsolvenz wird beim Insolvenzgericht beantragt

Mit diesem Nachweis des Rechtsanwalts über einen erfolglosen Einigungsversuch kann der Schuldner nun einen Antrag auf Eröffnung der Privatinsolvenz stellen. Sie müssen Ihren Antrag beim Insolvenzgericht stellen. Diesem Antrag müssen Sie folgende Dokumente beilegen:

  • Nachweis des Anwalts über erfolglose außergerichtliche Einigung
  • Antrag auf Erteilung der Restschuldbefreiung
  • Vermögensübersicht und Vermögensverzeichnis
  • Gläubigerverzeichnis
  • Schuldenbereinigungsplan

Das Insolvenzgericht wird Ihren Fall nun prüfen. In den meisten Fällen versucht das Gericht noch einmal, eine Einigung mit den Gläubigern zu erzielen. Wenn auch dieser zweite Einigungsversuch scheitert, wird ein Insolvenzverwalter bzw. ein Treuhänder beauftragt und das Insolvenzverfahren offiziell eröffnet.

4. Wohlverhaltensphase läuft

Nun beginnt die sogenannte Wohlverhaltensphase, oft auch als Abtretungsfrist bezeichnet. In dieser Phase muss der private Schuldner sein pfändbares Einkommen an den Treuhänder oder Insolvenzverwalter abtreten. Dieser wird die Beträge dann an die Gläubiger verteilen. Wenn das Einkommen nicht ausreichen sollte, um sämtliche Schulden zu tilgen, werden dem Schuldner nach drei Jahre alle weiteren Schulden erlassen.

Der Privatschuldner hat während der Wohlverhaltensphase so einige Pflichten — wenn er diesen nicht nachkommt, riskiert er den Erfolg des Insolvenzverfahrens. Zu diesen Pflichten gehören:

  • Suche nach einer zumutbaren Erwerbstätigkeit
  • im Falle einer Erbschaft oder einer Schenkung: Herausgabe der Hälfte des Vermögens
  • Herausgabe aller Gewinne aus Lotterien und anderen Glücksspielen
  • Wohnort- und Arbeitsplatzwechsel beim Insolvenzgericht melden
  • keine Anschaffung von Luxusgütern und keine teuren Urlaube

5. Restschuldbefreiung

Wenn der Privatschuldner sich während der Wohlverhaltensphase an alle Pflichten gehalten hat, erlässt das Insolvenzgericht nach Ablauf der Abtretungsfrist alle offenen Schulden. Das bedeutet, dass der Schuldner von allen Verbindlichkeiten befreit wird und einen wirtschaftlichen Neuanfang starten kann.

Wichtig: Die Restschuldbefreiung gilt nur für jene Schulden, die vor Beginn des Insolvenzverfahrens entstanden sind. Neue Schulden, die während der Wohlverhaltensphase angehäuft wurden, bleiben weiterhin bestehen.

Wie lange dauert eine Privatinsolvenz?

Wie oben beschrieben, dauert die Privatinsolvenz in der Regel drei Jahre. Das ist die Folge einer Reform, durch die der Zeitraum der Insolvenz verkürzt wurde: Verbraucher, die eine Privatinsolvenz ab dem 1. Oktober 2020 beantragt haben, durchlaufen nur ein dreijähriges Verfahren.

Für alle früheren Anträge gibt es andere Regelungen:

Antrag ab Dauer des Insolvenzverfahrens
17. Dez 19 5 Jahre 7 Monate
17. Jan 20 5 Jahre 6 Monate
17. Feb 20 5 Jahre 5 Monate
17. Mrz 20 5 Jahre 4 Monate
17. Apr 20 5 Jahre 3 Monate
17. Mai 20 5 Jahre 2 Monate
17. Jun 20 5 Jahre 1 Monat
17. Jul 20 5 Jahre
17. Aug 20 4 Jahre 11 Monate
17. September bis 30. September 2020 4 Jahre 10 Monate
01. Okt 20 3 Jahre

Verkürzte Privatinsolvenz: Welche Regelung gilt?

Bei einer verkürzten Privatinsolvenz haben Verbraucher die Möglichkeit, die Dauer des Verfahrens auf drei Jahre zu verkürzen. Diese Regelung gilt allerdings nur für alte Verfahren, die noch vor dem 1. Oktober 2020 beantragt wurden. Alle Verfahren, die ab dem 1. Oktober beantragt wurden, dauern ohnehin nur noch drei Jahre — diese Regelung besteht seit Inkrafttreten der Reform vom 30. September 2020.

Für alle Verfahren, die noch vor dem 1. Oktober 2020 beantragt wurden, galt: Das Insolvenzverfahren wurde auf drei Jahre verkürzt, wenn der Schuldner während des Insolvenzverfahrens die gesamten Verfahrenskosten zahlen konnte und ebenso 35 Prozent der Schulden bereits beglichen hat. Seit dem 30. September gibt es jedoch die neue Regelung: Alle neuen Verfahren dauern nur noch drei Jahre — für ein kürzeres Verfahren müssen Verbraucher auch keine Verfahrenskosten oder Teilschulden mehr begleichen.

Das bedeutet zusammengefasst:

  • Alle Verfahren, die vor dem 1. Oktober 2020 beantragt wurden, konnten auf drei Jahre verkürzt werden.
  • Alle neuen Verfahren ab dem 1. Oktober 2020 dauern grundsätzlich nur noch drei Jahre.

Privatinsolvenz: Welche Kosten fallen an?

Bei einer Privatinsolvenz fallen Kosten an — diese muss immer der Schuldner zahlen. Die Kosten einer Privatinsolvenz setzen sich wie folgt zusammen:

  • Gerichtskosten
  • Kosten des Treuhänders bzw. Insolvenzverwalters
  • eventuelle Anwaltskosten

Als Privatschuldner müssen Sie auf jeden Fall die Gerichtskosten und die Kosten des Verwalters zahlen. Gegebenenfalls müssen Sie auch einen Anwalt oder einen Schuldenberater bezahlen, sofern Sie diese beauftragt haben. Eine Prozesskostenhilfe gibt es bei Privatinsolvenzen nicht; die Kosten werden in der Regel aus dem pfändbaren Vermögen genommen.

Sie können aber einen Antrag stellen, um die Zahlungen aufzuschieben. Eine solche „Stundung“ der Verfahrenskosten ist normalerweise möglich, solange Sie sich an die oben beschriebenen Vorgaben während der Wohlverhaltensphase gehalten haben (also beispielsweise keine teuren Reisen unternommen und kein Vermögen unterschlagen haben).

Bleibt meine Existenzgrundlage während der Insolvenz?

Natürlich muss Ihnen auch während eines laufenden Insolvenzverfahrens etwas zum Leben bleiben. Hier müssen Sie sich keine Sorgen machen: Ihr Existenzminimum wird vom Insolvenzgericht auf keinen Fall angerührt. Das wäre auch gar nicht erlaubt; es gibt nämlich genaue Pfändungstabellen, die aufzeigen, wie viel der Treuhänder bzw. Insolvenzverwalter einziehen darf. Diese Beträge richten sich nach Ihrer wirtschaftlichen Situation: Wie viel Miete müssen Sie zahlen? Was verdienen Sie? All diese Fragen bestimmen die Höhe des pfändbaren Betrags.

Kann ein Insolvenzverfahren scheitern?

Ein Insolvenzverfahren kann im Grunde nur dann scheitern, wenn Sie selbst gegen die Auflagen des Insolvenzgerichts verstoßen. Es gibt einige wichtige Gründe, aus denen das Insolvenzgericht Ihnen die Restschuldbefreiung verwehren kann. Vor allem kann eine Restschuldbefreiung scheitern, wenn Sie die gesetzlichen Vorlagen der Wohlverhaltensphase missachten.

Einige Gründe, aus denen ein Insolvenzverfahren scheitern kann:

  • Sie haben falsche Angaben zu Ihrer wirtschaftlichen Situation gemacht.
  • Sie verschwenden Vermögen.
  • Sie verheimlichen Vermögen.

Sobald das Gericht dem Insolvenzverfahren zugestimmt hat, liegt der Erfolg also bei Ihnen: Sie können ganz sicher sein, dass ein Insolvenzgericht eine Restschuldbefreiung nicht einfach abbricht — aber Sie dürfen nicht gegen die gesetzlichen Voraussetzungen verstoßen.

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Häufige Fragen zum Thema "Privatinsolvenz"

Ja: Bei einer erfolgreichen Restschuldenbefreiung bleiben Ihnen keine Schulden — egal, wie hoch der Schuldenberg war oder wie viele Gläubiger Sie hatten. Wichtig: Das gilt jedoch nur für die Schulden, die es schon vor der Insolvenzeröffnung gab. Alle Schulden, die erst während des Verfahrens entstanden sind, werden nicht erlassen.

Keine Sorge: Wenn Sie während eines laufenden Insolvenzverfahrens Ihre Arbeit verlieren, verstoßen Sie natürlich nicht gegen die gerichtlichen Auflagen. Wichtig ist nur, dass Sie sich schnell um einen neuen Job bemühen — die Arbeit muss aber selbstverständlich auch zumutbar sein.

Ja: Sie sind aber verpflichtet, sich um eine neue Arbeit zu bemühen. Es ist nur wichtig, dass Sie sich an die Auflagen des Insolvenzgerichts halten, also keine teuren Urlaube unternehmen und jedes Einkommen sofort melden. Es spielt im Grunde keine Rolle, ob alle Gläubiger den vollen Schuldenbetrag erhalten: Wichtig ist, dass Sie sich bemühen und die Vorlagen gewissenhaft erfüllen, dann verläuft auch das Verfahren erfolgreich.