BGH-Urteil zum Dieselskandal kommt am 26. Juni 2023: Betroffene sollen entschädigt werden

Stundenlang wurde am 8. Mai 2023 vor dem Bundesgerichtshof (BGH) zum Dieselskandal verhandelt. Die Frage: Wie soll das verbraucherfreundliche Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) vom 21. März 2023 nach deutschem Recht umgesetzt werden. Fest steht bereits, dass die Richter:innen in Karlsruhe der europäischen Entscheidung Rechnung tragen und einen Anspruch auf Schadensersatz für Betroffene vorsehen werden. Wir erklären, was das für Sie bedeutet.

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Diesel-Fahrer:innen sollen Schadensersatz bekommen

Auch wenn es im Gerichtssaal und in der anschließenden Berichterstattung mit Begriffen wie „Differenzhypothesenvertrauensschadensersatz“ sehr juristisch zuging, kann man die Verhandlung und die Prognose für die Urteile am 26. Juni 2023 recht einfach zusammenfassen. Die Richter:innen haben durchblicken lassen, dass sie dem EuGH-Urteil vom 21. März 2023 folgen werden. Das heißt, wer einen Diesel fährt, in dem eine unzulässige Abschalteinrichtung verbaut wurde, der soll entschädigt werden. Ausreichend ist ein fahrlässiger Verstoß der Hersteller gegen EU-Recht. Der müßige Nachweis der vorsätzlichen Sittenwidrigkeit ist somit nicht mehr notwendig.

Ebenfalls durchgedrungen ist, dass der BGH als Entschädigung zu einer neuen Art des Schadensersatzes tendiert. Das bedeutet, man erhält eine Schadensersatzzahlung von rund 25 % des Kaufpreises und kann sein Auto behalten. Eine angenehme Lösung für alle, die eine Entschädigung für die Manipulationen der Autobauer haben möchte, ohne ihr Auto abgeben zu müssen.

Zudem kann der Hersteller dazu verpflichtet werden, auch für noch nicht absehbare zukünftige Schäden zu haften. So können sich betroffene Dieselfahrer bereits jetzt vor einer drohenden Stilllegung des Fahrzeugs schützen, ohne später erneut Klagen zu müssen.

Dürfte ein Farbfernseher die überwiegende Betriebszeit lediglich ein Schwarzweißbild erzeugen? Nein, selbst dann nicht, wenn er sonst implodieren würde. Diese Logik muss auch für die Automobilindustrie und deren Abgasreinigungssysteme gelten.

Rechtsanwalt Philipp Caba zum Thermofenster

Für wen sind die kommenden BGH-Urteile relevant?

Von den kommenden Urteilen kann jeder profitieren, der einen Diesel mit illegaler Abschalteinrichtung fährt oder gefahren ist (gilt auch, wenn Sie das Auto bereits verkauft haben). Da die Autohersteller bei der Manipulation von Abgaswerten sehr kreativ waren, gibt es eine Reihe von potentiell unzulässigen Abschalteinrichtungen – etwa das berühmte Thermofenster, die Fahrkurvenerkennung oder die Kühlmittel-Solltemperatur-Regelung, um nur ein paar zu nennen. Sofern es für Ihr Modell einen Rückruf des Kraftfahrt-Bundesamtes (KBA) wegen einer unzulässigen Abschalteinrichtung gibt, können Sie davon ausgehen, dass Ihnen ein Schadensersatz zusteht.

Unsere Expert:innen sind sich darüber hinaus sicher, dass es noch viele Modelle mit illegaler Abgas-Software gibt, die bisher nicht vom KBA zurückgerufen wurden. Wir raten deshalb grundsätzlich allen Dieselfahrer:in, in unserem Online-Check zu prüfen, ob sie betroffen sind. In der anschließenden kostenlosen Ersteinschätzung erklären wir dann, wie wir Ihre Chancen auf Schadensersatz sehen.

Sollte man auf die BGH-Urteile am 26. Juni 2023 warten?

In den Urteilen am 26. Juni 2023 wird sich der BGH voraussichtlich detailliert dazu äußern, worin er genau den Schaden sieht, wie sich der Schadensersatz grob berechnet und andere juristische Feinheiten einschätzen. Klar ist aber schon jetzt, dass es einen Schadensersatz für Betroffene geben wird. Es gibt demnach keinen Grund, bis Ende Juni zu warten. Da die Durchsetzung Ihrer Rechte natürlich auch etwas Vorlaufzeit und Vorbereitung benötigt, ist es sogar ratsam, bereits jetzt alles in die Wege zu leiten und sich schon mal in Position zu bringen.

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Worum geht es in den BGH-Verfahren genau?

Vor dem BGH stehen drei Motorentypen verschiedener Hersteller auf dem sprichwörtlichen Prüfstand: Ein VW Passat mit EA 288 Motor, ein Audi SQ5 Allroad 3.0 TDI mit EA 896Gen2BiT Motor und ein Mercedes-Benz C 220 mit OM 651 Motor. Allen Fahrzeugen war durch das Kraftfahrbundesamt (KBA) eine Typengenehmigung für die Schadstoffklasse Euro 6 erteilt worden. Allein in Deutschland sind mehrere Millionen Fahrzeuge mit diesen Motorvarianten zugelassen.

Sie alle verfügen über mindestens eine Abschalteinrichtung – eine Vorrichtung, die die Abgasreinigung unter Prüfstandsbedingungen gemäß den gesetzlichen Vorgaben vornimmt, im realen Betrieb jedoch drosselt oder unterbindet.

Unter den Abschalteinrichtungen hatte im Dieselskandal besonders das sogenannte Thermofenster des Motortyps EA 189 traurige Berühmtheit erlangt: Ein Thermofenster funktioniert so, dass die Abgasreinigung schon bei üblichen Außentemperaturen z.B. unter 15°C und über 33°C teilweise oder sogar ganz eingestellt wird. Bei einer Durchschnittstemperatur von rund 10,5°C im vergangenen Jahr in Deutschland findet eine Reinigung demzufolge die meiste Zeit entweder nur eingeschränkt oder gar nicht statt. Nur unter Idealbedingungen auf dem Prüfstand werden dagegen alle Vorgaben erfüllt.

Dadurch kommt es im realen Betrieb zu einem enormen Anstieg der Stickoxid-Emissionen, der erhebliche ökonomische und ökologische Folgen nach sich zieht. Software-Updates reichen in der Regel nicht, um die gesetzlichen Grenzwerte auch im Realbetrieb einzuhalten. Autohersteller argumentieren mit der Schutzfunktion des Thermofensters, das die Funktion und Haltbarkeit des Motors wesentlich unterstützt. Der EuGH erteilte dieser Argumentation bereits im Dezember 2020 eine Absage und hatte das Thermofenster als unzulässige Abschalteinrichtung eingestuft (Az. C-693/18). Dem folgte inzwischen auch das Verwaltungsgericht Schleswig.

Details & Hintergrund-Informationen im Podcast "Alles, was Recht ist."

Rechtsanwalt Philipp Caba gibt in der aktuellen Podcast-Folge eine ausführliche Einschätzung der BGH-Verhandlungen und einen Ausblick auf die weiteren Entwicklungen im Dieselskandal.