Strom- und Gaspreise: Wann ist eine Erhöhung unwirksam?

Strom- und Gaspreiserhöhungen sind im Jahr 2022 keine Seltenheit und oft mit einem Gefühl der Hilflosigkeit verbunden: Dabei ist längst nicht jede Erhöhung wirksam. Anbieter dürfen ihre Preise nicht willkürlich erhöhen — auch sie müssen sich an Regeln halten und jede Änderung begründen und vor allem verständlich kommunizieren. Das tun aber nicht alle, und formale Fehler machen eine Erhöhung häufig unwirksam. In diesem Artikel klären wir, worauf Sie bei Preiserhöhungen achten sollten.

Wann ist eine Erhöhung unwirksam?

Grundsätzlich gilt: Die Wirksamkeit einer Erhöhung hängt davon ab, ob die Verbraucher:innen rechtzeitig informiert wurden und alle Informationen vom Anbieter in unverschleierter Form erhalten haben. An die folgenden Formalitäten muss sich der Anbieter halten, sind diese nicht erfüllt worden, dann ist die Erhöhung unwirksam.

  • Preiserhöhung muss verständlich sein: Mindestens sechs Wochen vor Inkrafttreten einer Tarifänderung muss der Anbieter diese in einem Schreiben mitteilen. Das Schreiben muss formal korrekt gestaltet sein und Ihnen alle Informationen verständlich mitteilen. Eine E-Mail reicht nur dann aus, wenn Sie Ihrem Anbieter ausdrücklich erlaubt haben, Sie auch elektronisch über Änderungen zu informieren. Eine Mitteilung in einem Online-Kundenportal ist jedoch nie ausreichend.
  • Preiserhöhung darf nicht versteckt sein: Das Schreiben muss deutlich als eine Preiserhöhung erkennbar sein. Ein bunter Flyer mit vom Text ablenkenden Grafiken ist nicht rechtens, da ihn Kund:innen leicht mit Werbung verwechseln könnten. Ebenso wenig darf die Preiserhöhung nebenbei erwähnt werden, z.B. in einem Brief, in dem es größtenteils um ein völlig anderes Thema geht. Eine Änderung am Strom- und Gaspreis ist also nicht wirksam, wenn die Ankündigung verschleiert wurde.
  • Anbieter muss die Preiserhöhung begründen: Tarifänderungen dürfen nicht wahllos passieren: Ihr Anbieter muss in seinem Schreiben begründen, warum die Preise für Strom und Gas erhöht werden. Diese Gründe müssen ebenfalls klar und verständlich kommuniziert werden; eine Preisänderung ist unwirksam, wenn die Verbraucher:innen die Ursachen einer Erhöhung nicht nachvollziehen können.
  • Anbieter muss neue Preise auflisten: Ihr Anbieter muss transparent machen, auf welche neuen Preise sich Verbraucher:innen einstellen müssen. Zudem muss er die neuen Preise den alten gegenüberstellen, z.B. in einer Tabelle, damit Sie die Änderungen sofort erkennen können.

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Was können Sie bei einer Preiserhöhung tun?

Eine Preiserhöhung ist in der Regel eine Vertragsänderung und somit haben alle Verbraucher:innen ein Sonderkündigungsrecht. Das bedeutet, dass Sie den Vertrag sofort beenden können und dieser zu dem Zeitpunkt aufgelöst wird, an dem die erhöhten Preise in Kraft treten würden. Auf das Sonderkündigungsrecht muss der Anbieter in seinem Schreiben hinweisen. Ist die Preiserhöhung korrekt mitgeteilt worden und somit wirksam, sollten Sie prüfen, ob Sie durch einen Wechsel zu einem anderen Anbieter Geld sparen können; dann können Sie nämlich von Ihrem Sonderkündigungsrecht Gebrauch machen und den Vertrag beenden.

Besonders wichtig: Werden Sie auch bei einer unwirksamen Preiserhöhung unbedingt aktiv. Zahlen Sie nicht einfach weiterhin den alten Preis, sondern kontaktieren Sie Ihren Anbieter. Ist die Preiserhöhung Ihres Erachtens unverständlich oder unbegründet, dann sollten Sie schriftlich widersprechen. Wenn Sie unsicher sind, ob die Preiserhöhung auch wirklich den formalen Vorgaben entspricht, lassen Sie das Schreiben von der Verbraucherzentrale Ihres Bundeslandes überprüfen. Informieren Sie zudem die Bundesnetzagentur, die gegen fehlerhafte Preiserhöhungen vorgehen kann.

Hier geht es zum Musterschreiben der Verbraucherzentrale