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Religiöse Diskriminierung am Arbeitsplatz

  • "In Klassenzimmer gehören Kruzifixe und keine Kopftücher", diese Aussage eines Politikers hat die Debatte um Religionsfreiheit nochmal ganz neu angekurbelt.
  • Während dieser anhaltenden Debatte werden auch die Stimmen der Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen laut.
  • Denn insbesondere auf der Arbeit müssen viele Menschen Diskriminierungen aufgrund der ausgeübten Religion erfahren.
  • Doch wo fängt religiöse Diskriminierung am Arbeitsplatz an? Wie sehen die Rechte der Betroffenen aus?
  • Wir geben Ihnen wertvolle Infos rund ums Thema, und wie Sie sich verhalten sollten, wenn Sie am Arbeitsplatz aufgrund Ihrer Religion diskriminiert werden.

Was bedeutet religiöse Diskriminierung am Arbeitsplatz?

Diskriminierung bedeutet nichts anderes, als dass Menschen aufgrund gewisser Merkmale schlechter behandelt oder auch benachteiligt werden. Diese Merkmale können ganz unterschiedlich aussehen. So kann es vorkommen, dass Menschen allein aufgrund der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, sexueller Identität, Behinderungen, Weltanschauung oder eben auch aufgrund religiöser Ansichten anders behandelt werden. Fälle von religiöser Diskriminierung können überall vorkommen – auf der Straße, im Supermarkt, aber auch auf der Arbeit. Im Arbeitsumfeld kann religiöse Diskriminierung bereits im Bewerbungsverfahren anfangen. Wenn Bewerber allein aufgrund religiöser Merkmale vorher "aussortiert" werden, kann in den meisten Fällen von religiöser Diskriminierung am Arbeitsplatz gesprochen werden. Betroffene fühlen sich oftmals hilflos, weil sie nicht genau wissen, wie sie dieses Thema angehen sollen. Jedoch wird religiöse Diskriminierung am Arbeitsplatz, im Gegensatz zu früher, viel ernster genommen. Den rechtlichen Rahmen hierfür hat vor allem das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) geschaffen. Ziel des Gesetzes ist es, „Benachteiligungen aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität zu verhindern oder zu beseitigen (§ 1 AGG)." Was hier jedoch anzumerken ist: Nicht jede Benachteiligung ist verboten. Und nicht jede Benachteiligung stellt eine Diskriminierung dar. Dass AGG beschreibt genauer, wann Benachteiligungen erlaubt sind und wann nicht.

Zulässige religiöse Diskriminierung am Arbeitsplatz

Das Diskriminierungsverbot im § 1 AGG ist sehr allgemein gefasst. Beim weiteren Lesen stößt man jedoch auf Einzelfälle, bei denen eine Benachteiligung dann doch zulässig ist. Der § 9 des AGG führt bezüglich der religiösen Anschauung aus: Eine unterschiedliche Behandlung ist dann zulässig, "wenn eine bestimmte Religion oder Weltanschauung unter Beachtung des Selbstverständnisses der jeweiligen Religionsgemeinschaft oder Vereinigung im Hinblick auf ihr Selbstbestimmungsrecht oder nach der Art der Tätigkeit eine gerechtfertigte berufliche Anforderung darstellt." Eine gerechtfertigte berufliche Anforderung wäre demnach zum Beispiel folgender Fall: Eine evangelische Kirche sucht einen Pastor, bzw. eine Pastorin. Ein atheistischer Bewerber wird abgelehnt, weil er den beruflichen Anforderungen nicht genügt. Hier kann gesagt werden, dass eine "gerechtfertigte" berufliche Anforderung nicht erfüllt wird. Eine Ungleichbehandlung ist in diesem Fall also zulässig.

Nicht zulässige religiöse Diskriminierung am Arbeitsplatz

Obwohl es diese Ausnahmefälle gibt, kann sich der Arbeitnehmer im Allgemeinen auf das Grundgesetz (GG) stützen. Denn Art. 4 des Grundgesetzes verankert das Recht auf freie Religionsausübung. Der Arbeitgeber braucht demnach einen triftigen Grund, um Religion am Arbeitsplatz verbieten zu können. Er muss beweisen, dass die religiösen Einstellungen des Arbeitnehmers mit den betrieblichen Anforderungen nicht vereinbar sind. Jedoch sind dies Einzelfälle. Nicht zulässige religiöse Diskriminierung wäre zum Beispiel, einem Arbeitnehmer weniger Gehalt auszuzahlen, nur weil er muslimischen Glaubens ist. Hier ist definitiv von einer religiösen Diskriminierung die Rede.

Eine neue Studie der Antidiskriminierungsstelle verdeutlicht, dass fast jeder Dritte in Deutschland in den vergangenen Jahren Diskriminierung erfahren hat. Rund ein Viertel davon erfahren diese Diskriminierung aufgrund ihrer Religionszugehörigkeit und Weltanschauung.

Religiöse Diskriminierung am Arbeitsplatz

Darf der Arbeitgeber Religionsausübung am Arbeitsplatz verbieten?

Grundsätzlich nicht. Die freie Religionsausübung ist ein Grundrecht, welches jedem Menschen zusteht. In Artikel 4 des GG ist das Recht auf freie Religionsausübungverankert. Obendrein verbietet das AGG Diskriminierungen aufgrund der Religion am Arbeitsplatz. Jedoch gibt es Ausnahmen von der Regel – je nachdem, wo und für wen man arbeitet. Beispielsweise kann ein Arbeitgeber das Tragen von religiösen Symbolen verbieten, wenn sich der Arbeitnehmer dadurch verletzen könnte. Vor allem bei der Arbeit mit schweren Maschinen kann das Tragen von Kette oder Kopftuch gefährlich werden. Zudem haben Arbeitgeber auch einen gewissen Anspruch auf religiöse Neutralität. Das heißt, wenn die betriebliche Notwendigkeit besteht, nach außen neutral aufzutreten, kann das Tragen von Kopftuch, Ketten und Co. verboten werden. Jedoch kann dieser Anspruch in der Privatwirtschaft aufgrund fehlender Sachgründe seltener durchgesetzt werden. Auf der Staatsebene sieht das jedoch anders aus. Vor allem in der Justiz wird großer Wert auf Neutralität gelegt. Denn insbesondere hier soll vermieden werden, dass aufgrund von religiösen Symbolen der Arbeitnehmer angreifbar wird. Denn schnell kann die Vermutung entstehen, der Träger des Symbols ist voreingenommen oder beeinflussbar. Die Kirche oder dessen Träger nehmen die Religionsausübung hingegen sehr ernst. Arbeitnehmer, die für diese Einrichtungen arbeiten, haben sich nämlich nicht nur an das staatliche Arbeitsrecht, sondern an zusätzliche kirchliche Vorschriften zu halten. Ganz groß geschrieben wird daher die Loyalitätspflicht gegenüber der Kirche. Arbeitnehmern, die diesen Pflichten nicht nachkommen, kann oftmals ein Strich durch die Rechnung gemacht werden. Tatsächlich kann es in manchen Fällen bei einem Loyalitätsverstoß sogar bis zur Kündigung des Arbeitnehmers kommen.

Arbeitgeber Kirche – Knackpunkt Kirchenrecht

Faktisch gesehen hat die Kirche im Arbeitsrecht eine Sonderstellung. Die sogenannte Loyalitätspflicht gegenüber der Kirche kann sogar teilweise bis in das Privatleben des Arbeitnehmers reichen. Demnach kann ein Kirchenaustritt, offen gelebte Homosexualität oder auch eine Wiederverheiratung nach Scheidung eine Kündigung für den Arbeitnehmer bedeuten. Aber warum gelten für die kirchlichen Arbeitgeber derartige Sonderregeln? Schließlich ist die Kirche nach dem Staat der größte Arbeitgeber in Deutschland. Knapp 1,5 Millionen Menschen arbeiten für oder indirekt mit der Kirche zusammen. Dazu gehören vor allem kirchlich getragene Krankenhäuser, Kindergärten und Heime. Das "Problem" ist, dass das Kirchenrecht teilweise über den allgemein geltenden arbeitsvertraglichen Klauseln steht. Auch das AGG spricht von unterschiedlicher Behandlung, die in einigen Fällen auch zulässig sein kann. Jedoch ist in den letzten Jahren ein Wandel vor den Arbeitsgerichten zu erkennen. Immer wieder wird darüber gestritten, wie weit das Weisungsrecht der Kirchen gehen darf. Zunehmend werden arbeitnehmerfreundliche Urteile ausgesprochen, die sich über die Selbstbestimmung der Kirchen stellen. Auch der folgende Fall hat für viel Furore gesorgt.

Religiöse Diskriminierung am Arbeitsplatz: Der Fall

Im Jahre 2000 trat der katholische Kläger seine Stelle als Chefarzt in einem katholischen Krankenhaus an. Im Jahre 2005 trennte er sich von seiner ersten Ehefrau. Ein Jahr darauf, im Jahre 2006, lernte er seine neue Partnerin kennen. Die Scheidung erfolgte drei Jahre später, Anfang 2008. Noch im gleichen Jahr heiratete er standesamtlich seine neue Partnerin. Die Beklagte, hier das Krankenhaus, war mit dieser Wiederverheiratung ganz und gar nicht einverstanden und kündigte dem Chefarzt. Laut der Beklagten würde eine Wiederverheiratung unter vorliegenden Umständen gegen den Ethos des Unternehmens sprechen. Der Chefarzt zog daraufhin schlussendlich bis vor das Landesarbeitsgericht (LAG). Mit Urteil vom 01. Juli 2010 (Az. 5 Sa 996/09) entschied das LAG, dass die Kündigung gerechtfertigt sei. Der Grund: Die neue Ehe ist nach kirchlichem Recht ungültig. Warum? Der Chefarzt ist eine neue Beziehung eingegangen, obwohl die Scheidung rechtlich noch nicht vollzogen war. Laut des katholischen Rechtsverständnisses ist das ein Verstoß gegen die Loyalitätspflicht gegenüber der Kirche. So heißt es im katholischen Kirchenrecht: "Eine ungültige Ehe schließt nach katholischem Rechtsverständnis, wer durch das Band einer früheren Ehe gebunden ist. Eine neue Eheschließung ist auch dann nicht erlaubt, wenn eine frühere Ehe aus irgendeinem Grund nichtig oder aufgelöst worden ist, die Nichtigkeit bzw. die Auflösung der früheren Ehe aber noch nicht rechtmäßig und sicher feststeht, (Can. 1085 § 2 CIC.)" Zu einer endgültigen Entscheidung ist es jedoch nicht gekommen – obwohl sich der Fall seit mehr als 10 Jahren hinzieht. Schlussendlich schaltete das BAG das oberste rechtsprechende Organ der Europäischen Union ein – den Europäischen Gerichtshof (EuGH). Demnach wurde ein Generalanwalt des Europäischen Gerichtshofs dazu beauftragt, ein Gutachten bezüglich dieses Falles auszustellen.

Religiöse Diskriminierung am Arbeitsplatz: Die bisherige Entscheidung

Der Generalanwalt des Europäischen Gerichtshofs stellte im Gutachten fest: Die Kündigung des Chefarztes ist nicht gerechtfertigt. Er lässt verlauten, dass die Kündigung gegen das Diskriminierungsverbot verstößt. Außerdem besteht laut seiner Meinung "keine wahrscheinliche oder erhebliche Gefahr einer Beeinträchtigung des Ethos". 

Diese Auffassung wurde daraufhin vom EuGH in einem Urteil auch festgehalten (Az. C-68/17). Eine Ungleichbehandlung ist nur dann rechtens, wenn diese im konkreten Fall "eine berufliche Anforderung, die angesichts des Ethos der in Rede stehenden Kirche oder Organisation wesentlich, rechtmäßig und gerechtfertigt ist und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entspricht". 

Sprich, von einem Chefarzt kann der Patient zwar eine medizinische Fähigkeit erwarten, aber ob er sich an das Sakrament der Ehe hält oder nicht sollte an dieser Stelle keine Rolle spielen. Das BAG hielt sich an das Urteil und gab dem Chefarzt nach einem langwierigen Rechtsstreit Recht. Die Kündigung wurde als unwirksam erklärt.

Auch Sie wurden Opfer von religiöser Diskriminierung? Dann ziehen Sie jetzt den Schlussstrich! Die Praxis zeigt, dass religiöse Diskriminierung am Arbeitsplatz in jeglicher Form immer wieder vorkommt. Viele Fälle gehen gar nicht erst vor Gericht, weil die meisten Betroffenen es "lediglich" als Scherz auf Kosten anderer verstehen. Jedoch ist religiöse Diskriminierung mehr als eine kleine Hänselei und kann beim Betroffenen seelische aber auch körperliche Schäden anrichten. Deutsche Gerichte nehmen die Thematik zunehmend ernster. Immer mehr verbraucherfreundliche Urteile wurden bereits ausgesprochen, die der religiösen Diskriminierung am Arbeitsplatz keinen Platz geben.

Wenn die Religion sichtbar ist: Tragen von Kopftuch

Dieses kleine Stück Stoff wird immer wieder zum Thema. Egal, ob in politischen Diskussionen oder im privaten Umfeld – jeder hat eine Meinung dazu. Dabei wird das Tragen von einem Kopftuch vor allem mit Frauen islamischen Glaubens verbunden. Vergessen wird dabei häufig, dass das Kopftuch eine weltweite Bedeutung für Frauen unterschiedlicher Religionen hat. Auch in Deutschland, vor allen in den ländlichen Gebieten, war es bis in die 80iger Jahre nicht unüblich, dass Frauen Kopftuch trugen. Auch die Tradition auf der Hochzeit einen Schleier zu tragen, kommt nicht von irgendwoher. Jedoch sind es fast ausschließlich islamische Frauen mit Kopftuch, die sich mit religiöser Diskriminierung am Arbeitsplatz auseinandersetzen müssen. Und das fängt bereits im Bewerbungsverfahren an. Das sind leider keine Vermutungen, sondern die heutige Realität auf dem Arbeitsmarkt. Zahlreiche Studien können diesen Missstand unterlegen, darunter auch eine Studie vom Forschungsinstitut zur Zukunft der Arbeit (IZA). In dieser Studie wurden 1.500 fiktive Bewerbungen an Unternehmen herausgeschickt. Der Inhalt der Bewerbung war identisch. Jedoch bewarb sich die Frau einmal mit deutschem Namen und ohne Kopftuch und einmal mit Kopftuch und türkischem Namen. Das Ergebnis: In 19 % der Fälle bekam die Frau ohne Kopftuch eine positive Nachricht, selbige Frau mit Kopftuch in lediglich 4 % der Fälle.

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Häufige Fragen zur Religiösen Diskriminierung am Arbeitsplatz

Im Sommer 2011 bewarb sich die Berlinerin auf eine ausgeschriebene Stelle in einer Zahnarztpraxis als Zahnarzthelferin. Daraufhin wurde die junge Frau, die gerade ihr Abitur absolviert hat, zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen. Das Vorstellungsgespräch lief nach eigenen Angaben sehr gut. Auch der einstellende Zahnarzt war von der Bewerberin und ihren Qualifikationen überzeugt. Jedoch hatte der Zahnarzt eine Sache an ihr auszusetzen – ihr Kopftuch. Auf die Forderung, man könnte das Kopftuch auf der Arbeit doch einfach ablegen, antworte die Bewerberin, dass sie das nicht tun würde. Jedoch ließ der Zahnarzt nicht locker. Im weiteren Verlauf des Bewerbungsverfahrens wurde der jungen Frau via E-Mail schließlich der Ausbildungsplatz angeboten, allerdings unter der Voraussetzung, dass sie ihr Kopftuch auf der Arbeit ablegt. Aufgrund dieser offen gelegten religiösen Diskriminierung bat sie eine Anwältin um Hilfe. Die Angelegenheit ging vor Gericht.

Das Berliner Arbeitsgericht gab der Klägerin in einem Urteil im März 2012 recht. Der Beklagte wurde verurteilt, als Gesamtschuldner an die Klägerin eine Entschädigung von 1.470 Euro zu zahlen. Der Grund: Konkret konnte die religiöse Diskriminierung an der E-Mail festgemacht werden, in der es heißt, man würde die Bewerberin nur einstellen, wenn sie ihr Kopftuch ablegt. Auch die Stellungnahme des Beklagten, seine Angestellten müssten einheitliche Kleidung tragen, sah das Gericht nicht als Grund an. Denn das Kopftuch könnte man problemlos mit einheitlicher weißer Kleidung kombinieren. Zudem stellt das Kopftuch keine erhöhte Gesundheitsgefahr am Arbeitsplatz dar. Schließlich überträgt ein Kopftuch nicht im verstärkten Maße Schmutz oder Erreger, zumindest nicht mehr als das eigene Haupthaar. Demnach lag kein ausreichender Grund vor, der jungen Muslima das Kopftuch zu verbieten. Der Leitsatz des Urteils bringt die vorgefallene religiöse Diskriminierung auf den Punkt.

Beten am Arbeitsplatz betrifft vor allem Menschen, die aufgrund ihres Glaubens öfter zum Beten angehalten werden. Das ist beispielsweise bei Menschen islamischen Glaubens der Fall. Sehr religiöse Moslems beten bis zu fünfmal am Tag. Dieses Ritual gehört zu einer der wichtigsten religiösen Pflichten von Muslimen. Jedoch kann es hier zu Konflikten kommen, wenn das Gebet und die Arbeit miteinander kollidieren. Jedoch muss nicht jeder Konflikt zum Rechtsstreit führen. Obwohl laut Schätzungen des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF) circa 4,4 Millionen Muslime in Deutschland leben, gibt es dementsprechend wenige Fälle vor Gericht, die sich mit dem Thema "Beten am Arbeitsplatz" auseinandersetzen. Das setzt voraus, dass Arbeitnehmer und Arbeitgeber oftmals eine Lösung finden, um Arbeitszeit und Gebetszeit miteinander zu verknüpfen. Häufig wird dann in den Arbeitspausen gebetet, oder anstatt der Kaffee- oder Raucherpause werden sich fünf Minuten für das Gebet genommen. Diesbezüglich ist jedoch nicht jeder Arbeitgeber so loyal. Und laut Gerichtsentscheidungen hat der Arbeitgeber auch nur zu einem bestimmten Punkt loyal zu sein. Das Paradebeispiel hierfür ging im Jahre 2002 vor das Landesarbeitsgericht Hamm.

Der Fall: In vorliegenden Fall ging es um einen Arbeitnehmer muslimischen Glaubens (hier Kläger), der von seinem Arbeitgeber abgemahnt wurde. Der Grund: Während der Arbeitszeit zog er sich wiederholt für ein paar Minuten zum Beten zurück. Dies begründete er damit, dass das Beten zu seinen religiösen Pflichten gehört. Laut eigenen Angaben machte er diese kurzen Gebetspausen schon seit sechs Jahren. Der Kläger gab an, dass im Winter seine Gebetszeiten, aufgrund des Sonnenstands, in seine Arbeitszeit fallen. Der Arbeitgeber gewährte diese "Extra-Pausen" jedoch nicht. Der Kläger wollte durch einstweilige Verfügung eine dreiminütige Pause erstreiten. Der Fall ging bis zur Berufung vor das Landesarbeitsgericht in Hamm.

Die Entscheidung: Das Gericht entschied sich dafür, die Berufung abzuweisen. Der Hauptgrund war, dass laut der islamischen Glaubenslehre auch Gebete nachgeholt werden können. Der Kläger wurde also dazu aufgefordert, seine Gebete in den offiziellen Pausen nachzuholen. Das Grundgesetz, in dem ungestörte Religionsausübung gewährleistet wird, greift laut Entscheidung des Gerichts nicht. Hier heißt es im Leitsatz des Urteils:

Fragen zur Religion und persönlicher Weltanschauung müssen grundsätzlich nicht beantwortet werden. Diese Tatsache ist besonders für Personen wichtig, die sich in Bewerbungsphasen befinden. Nun lässt sich aber ein Kopftuch oder eine Kippa (jüdische Kopfbedeckung) schlecht verstecken. Aber auch hier sollte gelten, dass man mit offenen Karten spielt. Wenn es um Fragen zur Religion geht, könnte der Bewerber nachfragen, warum für den Vorgesetzten diese Fragen so wichtig sei. Erst dann kann man erfahren, welche Intention tatsächlich dahintersteckt. Wenn man zum Beispiel sein Kopftuch auf Nachfrage des Vorgesetzten nicht abnehmen will, sollte das kommuniziert werden. Es spricht auch nichts dagegen, nachzufragen, ob es in den Pausen Gebetsmöglichkeiten gibt. Wenn man dann jedoch ohne nachvollziehbaren Grund Diskriminierung erfährt, liegt es beim Betroffenen, dagegen anzugehen. Vorsicht Ausnahme: Religionsgebundene Unternehmen dürfen Fragen bezüglich der Religion stellen. Dazu gehören zum Beispiel christliche Krankenhäuser oder auch christliche Kindergärten. In diesen Fällen muss der Bewerber auch wahrheitsgetreu antworten.

Wer seine Religion offen nach außen trägt, bietet leider auch eine größere Angriffsfläche für Meinungen. Wenn diese Meinungen und Taten jedoch diskriminierend sind, muss sich der oder die Betroffene das nicht gefallen lassen. Wenn Sie religiöse Diskriminierung am Arbeitsplatz erfahren, sollten Sie sich direkt an den Arbeitgeber wenden. Dieser hat die Möglichkeit und auch die Pflicht, den Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen. Manchmal reicht schon eine ernste Zurechtweisung vom Vorgesetzten, um die Diskriminierung zu stoppen. Wenn das nicht hilft, kann der Vorgesetzte immer noch eine Ermahnung oder sogar eine Abmahnung erteilen. Im letzten Schritt kann der Verantwortliche dann auch gekündigt werden, wenn die religiöse Diskriminierung am Arbeitsplatz nicht aufhört. Wenn der Arbeitgeber aber nichts tun möchte, oder im schlimmsten Fall sogar selbst der „Täter“ ist, gibt es mehrere Möglichkeiten. Laut § 14 AGG darf man seine Tätigkeit sogar einstellen, wenn der Arbeitgeber nicht eingreift. Bei dieser Vorgehensweise sollte man jedoch sehr vorsichtig sein. Wenn das Opfer beispielsweise keine eindeutigen Beweise bezüglich der religiösen Diskriminierung vorbringen kann, kann das sogar arbeitsrechtliche Konsequenzen für das Opfer mit sich ziehen. Wir raten Ihnen, einen erfahrenden Anwalt in Arbeitsrecht einzuschalten. Dann kann im ersten Schritt geprüft werden, ob tatsächlich eine religiöse Diskriminierung vorliegt. Ist dies der Fall, stehen die Chancen sehr gut, um auf dem Klageweg Schadensersatzforderungen vom Arbeitgeber einzufordern.