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Kündigung wegen mehrfacher Gehaltspfändungen

  • Muss der Lohn oder das Gehalt eines Mitarbeiters gepfändet werden, kann eine Kündigung drohen.
  • Dafür müssen aber laut Bundesarbeitsgericht mehrere Bedingungen erfüllt sein.
  • Eine solche Bedingung kann zum Beispiel sein, dass der Angestellte in einer besonderen Vertrauensstellung beschäftigt ist und seine private Schuldnerstellung dazu nicht passt.
  • Lesen Sie hier, wie es zu einer Lohn- oder Gehaltspfändung kommen kann und was Sie dann als Arbeitnehmer tun sollten.

Konflikte am Arbeitsplatz können eine echte Belastung sein. Besonders eine Kündigung bedeutet purer Stress. Wir erklären, warum es sich dabei lohnt, einen Anwalt zu konsultieren und so auf Augenhöhe mit dem Arbeitgeber verhandeln zu können.

Was ist eine Lohn- oder Gehaltspfändung?

Der Lohn oder das Gehalt eines Arbeitnehmers werden gepfändet, wenn der Arbeitnehmer, hier der Schuldner, einem anderen Geld schuldet und dies nicht zurückzahlen kann. Der Gläubiger (der, dem man Geld schuldet) muss vor Gericht beantragen, dass ein Gerichtsvollzieher den Betrag der Schulden pfänden darf. Da bei den meisten Schuldnern, der Lohn oder das Gehalt die einzige Einkommensquelle darstellt, ist das die alleinige Möglichkeit für den Gläubiger, sein Geld zurück zu bekommen. Der Arbeitgeber ist verpflichtet, einem Pfändungsbeschluss des Gerichtsvollziehers nachzukommen. Der Arbeitgeber wird dadurch der Drittschuldner des Gläubigers und darf seinem Angestellten nicht mehr Lohn oder Gehalt als das sogenannte nicht pfändbare Einkommen auszahlen. Der Rest des Lohns oder Gehalts geht direkt an den Gläubiger.

Wie läuft eine Lohn- und Gehaltspfändung ab?

Der Gläubiger, also derjenige, der Geld zu bekommen hat, muss einen vollstreckbaren Titel haben, durch welchen er seine Ansprüche geltend machen kann. Vollstreckbare Titel sind beispielsweise ein Urteil oder ein Vollstreckungsbescheid. Der Gläubiger benötigt dann die Adresse des Arbeitgebers, bei dem der Schuldner beschäftigt ist. Mit der Angabe des Arbeitgebers und dem vollstreckbaren Titel kann der Gläubiger beim zuständigen Vollstreckungsgericht die Lohnpfändung beantragen. Hat er diesen Pfändungsbeschlusses erhalten, muss der Gläubiger einen Gerichtsvollzieher mit der Zustellung des Pfändungsbeschlusses beauftragen.

Der Gerichtsvollzieher stellt dem Arbeitgeber den Beschluss der Pfändung zu. Nach der Zustellung des Pfändungsbeschlusses, ist der Arbeitgeber gegenüber dem Gläubiger verpflichtet, eine Erklärung abzugeben, die sogenannte Drittschuldnererklärung. In dieser erklärt er, ob er zu der Zahlung bereit ist, ob andere Personen Anspruch auf das Einkommen des Arbeitnehmers haben und ob bereits andere Pfändungen vorliegen oder ob das Einkommen des Arbeitnehmers zu niedrig für eine Pfändung ist, wie beispielsweise bei einem Minijob. Von diesem Zeitpunkt an darf der Arbeitgeber seinem Arbeitnehmer, also dem Schuldner, nicht mehr Lohn oder Gehalt als das nicht pfändbare Einkommen auszahlen.

Den Rest des Gehaltes, der über das nicht pfändbare Einkommen hinaus geht, muss der Arbeitgeber nun direkt an den Gläubiger seines Arbeitnehmers überweisen. Nach der Zustellung des Pfändungsbeschlusses muss der Arbeitgeber dem Gläubiger eine Erklärung abgeben, die sogenannte Drittschuldnererklärung. In dieser erklärt er, ob er zu der Zahlung bereit ist. Wenn der Arbeitnehmer zum Beispiel nur einen Minijob bei seinem Arbeitgeber hat, so muss der Arbeitgeber mitteilen, dass das gezahlte Gehalt so niedrig ist, dass hiervon nicht gepfändet werden kann.

Auch muss der Arbeitgeber mitteilen, ob noch andere Personen Ansprüche auf das Gehalt haben. Das kann der Fall sein, wenn Kinder einen Anspruch auf Unterhalt haben, dieser aber von einer Unterhaltsvorschusskasse eingezogen werden muss, weil der Arbeitnehmer ansonsten seiner Unterhaltspflicht nicht nachkommt.

Ebenfalls muss der Arbeitgeber erklären, ob es noch andere Pfändungen gibt. Bei mehreren Forderungen muss der Arbeitgeber je nach Eingang der Forderungen diese bedienen. Das heißt, wer als erstes seine Forderung stellt, dem muss der Arbeitgeber das Geld aus der Pfändung zahlen, bis die Forderung komplett getilgt ist. Erst dann darf er die Forderungen eines weiteren Gläubigers bedienen. Gibt der Arbeitgeber eine falsche Auskunft oder weigert er sich, dann drohen dem Arbeitgeber Schadensersatzforderung von Seiten des Gläubigers. Ebenfalls wird er Schadensersatzpflichtig, sollte er einer der beiden Parteien zu wenig bzw. zu viel Geld überweisen.

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Kündigung wegen mehrfacher Gehaltspfändungen - geht das?

Wie so oft im Arbeitsrecht lautet die Antwort: Ja und nein. An sich sind Schulden und das Schuldenmachen eine private Angelegenheit, die das Arbeitsverhältnis nicht betrifft. Schuldet der Arbeitnehmer aber einen Betrag X und ein Gerichtsvollzieher hat die Pfändung des Gehalts angeordnet, so ist der Arbeitgeber verpflichtet, alle Angaben zu erteilen und Formalien einzuhalten, um der Pfändung des Gehaltes nachzukommen. Der Arbeitgeber wird vom Gerichtsvollzieher also zur Abgabe der Drittschuldnererklärung aufgefordert. Dies ist für den Arbeitgeber mit einem erheblichen Zeit- und Personalaufwand verbunden. Zudem kann er haftbar gemacht werden, sollten bestimmte Angaben nicht wahrheitsgemäß beantwortet werden.

All das an sich ist jedoch noch kein Kündigungsgrund. Der Arbeitgeber muss es hinnehmen, dass ihm durch die Verschuldung seines Arbeitnehmers mehr Arbeit aufgebürdet wird. Unter sehr seltenen, extremen Bedingungen kann eine Kündigung jedoch gerechtfertigt sein: Nämlich immer dann, wenn die Gehaltspfändung nicht nur einmalig oder selten auftritt, sondern so oft, dass der Betriebsablauf gestört wird. Das bedeutet, dass die Personalabteilung und die Buchhaltung so intensiv mit der Bearbeitung der Gehaltspfändung beschäftigt sein müssen, dass der normale Ablauf oder Betrieb stark nachhaltig gestört wird. Aber auch dann gilt es noch immer abzuwägen, ob eine Kündigung unter sozialen Kriterien gerechtfertigt werden kann.

Merken Sie sich also: Eine fristlose Kündigung wegen Gehaltspfändungen ist in der Theorie nicht ausgeschlossen, in der Praxis liegen die Hürden jedoch so hoch, dass sie fast nicht vorkommt.

Eine größere Chance, einen Arbeitnehmer zu kündigen haben Chefs, wenn der verschuldete Arbeitnehmer eine besondere Vertrauensposition im Unternehmen ist. Wenn also der Buchhalter oder Kassierer in einer privaten Angelegenheit in die Lage einer Pfändung gerät, dann kann dieser Umstand das Vertrauensverhältnis nachhaltig stören. Eine Kündigung würde sich dann auf das zerstörte spezielle Vertrauensverhältnis stützen, das dieser Tätigkeit zu Grunde liegt. Der Arbeitgeber soll davor geschützt werden, dass der verschuldete Arbeitnehmer seine besondere Vertrauensposition ausnutzt, um seine finanzielle Situation zu bessern. Daher kann der Arbeitgeber eine ordentliche Kündigung aussprechen.

Kündigung wegen mehrfacher Gehaltspfändungen: Der Fall aus der Praxis

Eine im Jahr 1981 bei einer Bank angestellte Sekretärin hatte einen Arbeitsvertrag, in dem es auch hieß, dass eine Überschuldung des Arbeitnehmers, die er selbst verursacht hat, zu einer außerordentlichen Kündigung führen kann. Zum Aufgabengebiet der Sekretärin gehörte es unter anderem, Kreditprotokolle nach Diktat zu schreiben. In den folgenden neun Jahren nach der Einstellung der Frau wurde das Gehalt der Frau mehrfach gepfändet, sodass sie im Juli 1990 eine Abmahnung wegen ihrer Überschuldung und einer nicht angezeigten Nebentätigkeit erhielt. Neben ihrer Überschuldung und der nicht angezeigten Nebentätigkeit hatte die Sekretärin bei einem Autohaus einen Golf bestellt, diesen jedoch nie bezahlt. Die Sekretärin hatte dem Autohaus einen Beleg über eine Überweisung vorgezeigt, die sie aber nie erteilt hatte. Nachdem das Autohaus die Bank aufforderte, die Überweisung doch bitte endlich auszuführen, flog der Schwindel der Frau auf, sie musste den Wagen an das Autohaus zurückgeben. Im gleichen Jahr musste erneut das Gehalt der Frau gepfändet werden, worauf ihr Arbeitgeber, die Bank, ein Anhörungsverfahren beim Betriebsrat über die beabsichtigte ordentliche Kündigung einleitete. Im August 1990 kündigte die Bank der Frau zum 31.12.1990. Auch nach dem Ausspruch der Kündigung erhielt die Bank weitere Gehaltspfändungen, eine sogar aus dem Jahr 1972. Die Frau reichte Kündigungsschutzklage ein.

Kündigung wegen mehrfacher Gehaltspfändungen: Die Entscheidung

Das Arbeitsgericht wies die Kündigungsschutzklage der Frau ab, worauf sie in Berufung ging. Das Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein gab der Frau jedoch Recht. Allein die mehrfachen Gehaltspfändungen und -abtretungen seien kein Grund für eine Kündigung. Auch die Überschuldung der Frau stelle keinen ausreichenden Kündigungsgrund dar. Gegen diese Entscheidung ging der Arbeitgeber, die Bank, in Berufung. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) urteilte ebenfalls im Sinne der Frau, differenzierte seine Begründung jedoch stärker aus. Diese Begründungen der Klageabweisung sind noch immer die Grundlagen von Rechtsprechungen, die dieses Problem streifen: So stellt das BAG grundlegend fest, dass Schulden eine private Angelegenheit sind, die an sich keinen Kündigungsgrund darstellen. Auch gehe von der Tätigkeit der Frau als Sekretärin keine Gefahr des Geheimnisverrats aus. Auch wenn ihr Details der Kredite bekannt waren, konnte sie diese Informationen nicht für sich nutzen und hat dies auch nie versucht. Die nicht angezeigte Nebentätigkeit der Frau stelle keinen Kündigungsgrund dar, da die Bank es verpasst hatte, sie wegen dieses Verhaltens vorher abzumahnen. Das betrügerische Verhalten der Sekretärin beim Autokauf habe die Bank nicht ausreichend dargelegt, urteilten die Richter. Die mehrfachen Gehaltspfändungen hätten nur dann einen geeigneten Kündigungsgrund darstellen können, wenn die Frau eine besondere Vertrauensstellung innerhalb der Bank gehabt hätte. Ohne diese besondere Vertrauensstellung des Arbeitnehmers können mehrfache Gehaltspfändungen nur ein Kündigungsgrund sein, wenn diese einen so hohen Kosten- und Arbeitsaufwand verursachen, dass der Arbeitsablauf oder die betriebliche Organisation wesentlich gestört werden. Dies hatte die Bank jedoch nicht belegen können und musste daher eine Schlappe einstecken.

Mehrfache Gehaltspfändungen: Was wir empfehlen

Wenn Sie in die unangenehme Lage gekommen sind, dass Ihr Gehalt gepfändet wird, sprechen Sie mit Ihrem Arbeitgeber. Legen Sie die Karten offen auf den Tisch und seien Sie ehrlich. Um das in Sie gesetzte Vertrauen nicht zu erschüttern, hilft es sicherlich, wenn Sie Ihrem Arbeitgeber zeigen, dass Sie einen Plan haben, wie Sie aus dieser Situation wieder herauskommen. Auch trifft eine Entschuldigung, dass Sie Ihrem Arbeitgeber Mehrarbeit zumuten, sicher auf offene Ohren. Ebenfalls sollten Sie überlegen, eine Schuldnerberatung aufzusuchen.

Kostenübernahme durch eine Beratungs- und Prozesskostenhilfe

Sollten Beratungs- und Prozesskosten Ihre finanziellen Mittel übersteigen, können Sie bei Gericht Beratungs- und Prozesskostenhilfe beantragen, wenn Ihr Einkommen und Vermögen unterhalb bestimmter Grenzen liegt und der Rechtsstreit nicht von vornherein aussichtslos ist. Dann trägt der Staat die Kosten für Ihren Anwalt und das Gericht. Wir beraten Sie hier gerne und helfen Ihnen bei der Beantragung. Sprechen Sie uns an – wir helfen Ihnen.

Kündigung wegen mehrfacher Gehaltspfändungen: Das sollten Sie tun

Wie die Gerichtsentscheidung zeigt, ist es für Arbeitgeber sehr schwierig, eine Kündigung wegen Gehaltspfändung erfolgreich auszusprechen. Ist Ihnen die Kündigung übergeben worden, melden Sie sich unverzüglich bei einem auf Arbeitsrecht spezialisierten Anwalt. Dieser prüft, ob die Kündigung gerechtfertigt war und reicht für Sie Kündigungsschutzklage ein.