Nur unter bestimmten Umständen kann sich der Arbeitnehmer ausnahmsweise weigern die ihm aufgetragenen Arbeiten zu erledigen. Das gilt zum Beispiel, wenn eine Weisung offensichtlich gegen den Arbeitsvertrag, einen Tarifvertrag, eine Betriebsvereinbarung oder gegen ein Gesetz verstößt. So darf ein Arbeitnehmer die Arbeit dann verweigern, wenn der Arbeitgeber ihn per Dienstanweisung zu einer Straftat auffordert. Unter welchen anderen Bedingungen Sie die Arbeit ruhen lassen oder gar verweigern dürfen, haben wir hier aufgelistet.
Arbeitgeber schuldet Lohn
Ist der Arbeitgeber im Rückstand mit seinen Lohnzahlungen, dann kann der Arbeitnehmer von seinem Recht Gebrauch machen, seine Arbeitsleistung so lange zurückzuhalten, bis der Arbeitgeber den ausstehenden Lohn gezahlt hat. Vorher muss der Arbeitnehmer allerdings seinen Arbeitgeber auffordern, den ausstehenden Lohn zu zahlen und ihm mitteilen, dass er ansonsten von seinem Recht gebrauchen machen werde, die Arbeitsleistung zurückzuhalten.
Achtung: Anders sieht es aus, wenn Sie Ihrem Arbeitgeber nicht eindeutig mitteilen, dass Sie planen, ihre Arbeitsleistung nicht zu erbringen, weil Ihnen zum Bespiel Überstunden nicht vergütet wurden. So erging es einem Arbeitnehmer, der wegen nicht ordnungsgemäß bezahlter Überstunden einfach seiner Arbeit fernblieb. Auch auf die vier Abmahnungen diesbezüglich reagierte er nicht. Darauf folgte die Kündigung und eine Sperrzeit für das Arbeitslosengeld. Das Gerichtsverfahren verlor der Arbeitnehmer. Die fehlende Bezahlung der Überstunden durch den Arbeitgeber kann an sich ein wichtiger Grund sein, die Arbeitsleistung nicht zu erbringen. Dafür müssen aber bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein, urteilte das Gericht. So hätte die Nichtzahlung des Lohnes eine nicht unerhebliche Höhe erreicht haben oder der Verzug mit den Lohnzahlungen sich über einen erheblichen Zeitraum erstrecken müssen. Zudem hätte der Arbeitnehmer diese Vertragsverletzung abmahnen müssen (Sozialgericht Stuttgart, Urteil vom 16.05.2012 - S 3AL 892709).
Religiöse Grundsätze
Ebenfalls kann der Arbeitnehmer Tätigkeiten verweigern, die gegen seine religiöse Überzeugung sind. So wehrte sich ein muslimischer Supermarktmitarbeiter erfolgreich dagegen, im Getränkemarkt den Alkohol in die Regale räumen zu müssen. Die fristlose Kündigung wegen Arbeitsverweigerung war unwirksam. Die Richter urteilten, dass eine Versetzung in eine andere Abteilung des Supermarktes hätte geprüft werden müssen (Bundesarbeitsgericht Az 2 AZR 636/09).
Streikrecht
Auch darf der Arbeitnehmer seine Arbeit bei einem rechtmäßigen Streik niederlegen oder wenn ihm eine unzulässige Arbeit zugewiesen wird.
Arbeitssicherheit
Erscheint dem Arbeitnehmer die zugewiesene Aufgabe als gefährlich für die Gesundheit oder er befindet seinen Arbeitsplatz als nicht sicher, dann darf er unter diesen Umständen die Arbeit verweigern.
Versetzung an einen anderen Ort – unzumutbare Weisung
Der Arbeitgeber kann sich in Ausnahmefällen auch weigern, wenn er von dem Arbeitsort, der in seinem Arbeitsvertrag genannt ist, vom Arbeitgeber in eine andere Stadt versetzt wird. Ist also im Arbeitsvertrag als Arbeitsort München genannt und es gibt keine Klausel, die es dem Arbeitgeber ermöglicht, den Arbeitnehmer an einen anderen Ort zu versetzen, so kann der Arbeitgeber seinen Angestellten in der Regel nicht einfach in eine andere Filiale nach Nürnberg versetzen. In einem aktuellen Fall hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) kürzlich seine langjährige entgegenstehende Rechtsprechung geändert (BAG Beschluss vom 14.06.2017, 10 AZR 330/16).
Fordert der Arbeitgeber Sie zu einer Tätigkeit auf, die nicht als eine Ihrer Pflichten im Arbeitsvertrag aufgeführt ist, dann sind Sie an sich nicht dazu verpflichtet, dieser Anweisung Folge zu leisten. Sie müssten also nicht die Toiletten im Büro putzen, obwohl Sie für die Buchhaltung eingestellt worden sind und dies auch nicht in Ihrem Arbeitsvertrag als Nebenpflicht festgehalten ist. Dennoch obliegt die letzte Entscheidung über die Zulässigkeit der Weisung den Arbeitsgerichten. Indem Sie die Arbeit verweigern, droht im schlimmsten Fall eine fristlose Kündigung. Daher sollten Sie die Anweisungen nicht einfach eigenmächtig missachten, sondern die Zulässigkeit gerichtlich prüfen lassen.
Gefahr für die eigene Person
Hat der Arbeitnehmer Grund zu der Annahme, dass eine Gefahr von einer Tätigkeit ausgeht und der Arbeitgeber ihn nicht ausreichend davor schützt, dann kann das in besonders schweren Fällen ebenfalls ein legitimer Grund sein, der Aufforderung zur Arbeit nicht nachzukommen. Dies kann zum Beispiel der Fall sein, wenn eine Maschine nicht ordnungsgemäß in den vorgeschriebenen Interwallen gewartet wird und Sie daher eine Gefahr für Leib und Leben fürchten.
Anstiftung zu einer Straftat
Auf jeden Fall darf der Arbeitnehmer eine Arbeitsanweisung missachten, wenn es sich dabei um eine Straftat handeln würde. Sprechen Sie Ihren Arbeitgeber darauf an, dass Sie seine Anweisung nicht beachten werden, weil diese eine Straftat wäre. Eventuell ist dem Arbeitgeber die Tragweite seiner Entscheidung gar nicht bewusst gewesen.
Die eigenmächtige Arbeitsverweigerung ist nur in absoluten Ausnahmefällen zulässig. In allen anderen Fällen droht Ihnen eine (fristlose) Kündigung. Suchen Sie zunächst lieber das Gespräch mit Ihrem Arbeitgeber und versuchen Sie zu klären, welche Aufgaben zu Ihrem Tätigkeitsbereich gehören und welche nicht. Sprechen Sie an, welche Aufgaben Sie als nicht zumutbar empfinden und erklären Sie, warum Sie so denken. Im Zweifelsfall müssen Sie gerichtlich klären lassen, ob die Dienstanweisung unbillig und unzumutbar ist. Wollen Sie Ihre Arbeitskraft zurückhalten, weil Ihnen nicht der volle Lohn ausgezahlt wurde, so müssen Sie dies Ihrem Arbeitgeber mitteilen. Setzen Sie ihm eine Frist bis zu der Sie die ausstehende Lohnzahlung erwarten. Gehen Sie so vor, sind Sie auf der sicheren Seite.