Mit wie viel Geld können Arbeitnehmer:innen rechnen, wenn sie eine Abfindung aushandeln? Auch das ist gesetzlich nicht festgelegt, sondern in den meisten Fällen Verhandlungssache.
Die Ausnahme hiervon ist der Fall der betriebsbedingten Kündigung und sich daraus ergebender Abfindungen. Dort werden die Zahlungen so errechnet: ein halbes Monatsgehalt pro Beschäftigungsjahr. Obwohl sie gesetzlich nur für diese Situation festgeschrieben ist, wird diese Formel auch in anderen Branchen häufig als Daumenregel genutzt.
Beispiel: Frau Müller arbeitet seit 8 Jahren und 8 Monaten in einem Unternehmen und hat dabei monatlich 3500 Euro brutto verdient. Bei einer betriebsbedingten Kündigung nach dem § 1 KSchG steht ihr eine Abfindung für 9 Jahre zu – denn bei Beschäftigungen von mehr als sechs Monaten wird auf ein volles Jahr aufgerundet. Die Zahlung beträgt demzufolge 9 halbe Monatsgehälter: 15.750 Euro (9*1750).
Wenn Sie mit Ihrem/r Arbeitgeber:in eine Abfindung ausgehandelt haben, müssen Sie diese auch versteuern. Es handelt sich dabei um eine außerordentliche Einkunft und diese müssen seit 2006 vollständig versteuert werden. Jedoch sind keine Sozialversicherungsbeiträge auf die Zahlung fällig.
Allerdings gibt es über die sogenannte „Fünftelregelung” die Möglichkeit, Steuern zu sparen. Die einmalige Zahlung – die Abfindung – wird so behandelt, als hätte der/die Arbeitnehmer:in die Zahlung gleichmäßig über fünf Jahre verteilt erhalten. Diese Lösung lohnt sich vor allem für diejenigen, bei denen eine hohe Differenz zwischen der Abfindung und dem zu versteuernden Einkommen besteht.
So funktioniert es:
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Berechnen Sie die Steuer für das verbleibende zu versteuernde Einkommen.
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Addieren Sie ein Fünftel der Abfindung zum verbleibenden zu versteuernden Einkommen. Berechnen Sie die Steuer erneut.
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Bilden Sie die Differenz aus den zwei Steuersätzen. Das Fünffache dieser Differenz ist demzufolge die Steuer für die gesamte Abfindungszahlung.
Auch wer beim Aushandeln einer Abfindung erfolgreich war, steht dennoch vor der Situation, dass einem gekündigt wurde. Für die meisten steht daher als Nächstes die Beantragung von Arbeitslosengeld an. Doch wirkt sich eine Abfindung auf die Höhe des Arbeitslosengelds I aus?
Für den Fall, dass Sie sich einvernehmlich von Ihrem Arbeitgeber getrennt haben, besteht kein Grund zur Sorge. Selbst dann, wenn eine hohe Abfindungssumme im Aufhebungsvertrag vereinbart wurde, wird die Zahlung nicht auf das ALG I angerechnet. Die Voraussetzung dafür ist, dass im Aufhebungsvertrag die ordentlichen Kündigungsfristen eingehalten wurden.
Würde durch einen Aufhebungsvertrag das Arbeitsverhältnis allerdings früher enden als durch eine ordentliche Kündigung, sieht der Fall anders. Dann ruht der Anspruch auf das Arbeitslosengeld bis zum Ablauf der ursprünglichen Kündigungsfrist. Hierauf achten aber spezialisierte Anwält:innen im Arbeitsrecht, die Sie immer zurate ziehen sollten, bevor Sie einen Aufhebungsvertrag unterzeichnen.
In den meisten Fällen wirkt sich eine ausgehandelte Abfindung also gar nicht auf das Arbeitslosengeld aus. Um zu vermeiden, dass der Ausnahmefall eintritt und die ordentlichen Kündigungsfristen nicht eingehalten wurden, rückversichern Sie sich am besten bei einem/einer Anwält:in.
Der Zeitraum, um eine Kündigungsschutzklage einzureichen, ist begrenzt. Nur drei Wochen nach Erhalt der Kündigung können Sie eine Klage beim zuständigen Arbeitsgericht einreichen. Verpassen Sie diese Frist, können Sie anschließend auch keine Abfindung mehr aushandeln. Aus diesem Grund empfehlen wir Ihnen schnell, eine:n spezialisierten Anwalt/Anwältin im Arbeitsrecht zurate zu ziehen. So sparen Sie nicht nur Zeit und Nerven, außerdem erhöhen Sie Ihre Chancen erheblich, erfolgreich eine höhere Abfindung auszuhandeln.