Einen Anspruch auf Pflichtteilsergänzung haben nur Personen, die enterbt wurden, an sich jedoch pflichtteilsberechtigt sind. Pflichtteilsergänzungsanspruch hat also nur, wer auch einen Pflichtteilsanspruch hat. Ganz konkret sind das Kinder und Ehegatten des Erblassers (uneingeschränkter Pflichtteilsanspruch) und Enkel und Urenkel des Erblassers (eingeschränkter Pflichtteilsanspruch). Wurde der Nachlasswert — und damit auch die Höhe des Pflichtteils — durch eine Schenkung verringert, können diese Personen ihren Anspruch auf Pflichtteilsergänzung geltend machen.
Schenkungen werden nicht immer schriftlich dokumentiert. Ein Pflichtteilsberechtigter hat daher häufig keinen Überblick darüber, welche Schenkungen der Erblasser zu Lebzeiten gemacht hat und welche davon zum Nachlass gehören. Der Enterbte hat daher Ansprüche auf Auskunft: Die Erben müssen ein Verzeichnis erstellen, in dem die geschenkten Vermögenswerte aufgeführt sind. Die Erben müssen über Vermögensübertragungen informieren und auch über gemischte Schenkungen Auskunft geben.
Ja. Für Pflichtteilsergänzungsansprüche gilt eine dreijährige Verjährungsfrist zum Jahresende. Die Frist beginnt, sobald der Enterbte Kenntnis vom Erbfall, vom Testament des Erblassers oder von der Schenkung unter lebenden Personen hat. Kenntnis ist in diesem Fall gleichbedeutend mit grob fahrlässiger Unkenntnis. Das bedeutet, dass der Pflichtteilsberechtigte von der Schenkung gewusst haben müsste.
Ja, Schenkungen von Immobilien zu Lebzeiten haben ebenfalls Einfluss auf den Pflichtteilsergänzungsanspruch.
Ein Erblasser verschenkt zu Lebzeiten eine Immobilie und verringert dadurch seinen Nachlass und auch den Pflichtteil anderer Erben. Nun will der Schenkende aber weiterhin in der Immobilie wohnen und vereinbart daher ein Nießbrauchsrecht mit dem Beschenkten. Der Schenkende ist also kein Eigentümer, hat aber Nutzungsrechte und kann wirtschaftliche Vorteile aus der Immobilie ziehen. So können Eltern ihren Kindern beispielsweise eine Immobilie schenken, aber weiterhin in dieser wohnen.
Was bedeutet ein Nießbrauch also für den Pflichtteilsergänzungsanspruch? Bei einem Nießbrauch setzt das Abschmelzungsmodell, also die oben erläuterte 10-Jahres-Frist erst ein, wenn alle Nießrechte abgelaufen sind. Hat der Erblasser also eine Immobilie verschenkt und ein Nießbrauchsrecht mit dem Beschenkten vereinbart, dann haben Pflichtteilsberechtigte auch nach mehr als 10 Jahren noch einen Pflichtteilsergänzungsanspruch. Die Abschmelzung läuft bei einem Nießbrauch also nicht an.