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Pflichtteilsanspruch geltend machen – so geht's

  • Ein Angehöriger, der in einem Testament nicht bedacht wurde, hat einen Pflichtteilsanspruch.
  • Der Pflichtteilsanspruch beträgt die Hälfte der gesetzlichen Erbquote.
  • Mit Schenkungen können Anspruchssummen reduziert werden.
  • Wer Ansprüche geltend machen will, muss selbst aktiv werden. Ein Experte für Erbrecht hilft Ihnen durch den Erbschaftsrechts-Dschungel.
Aktualisiert am 27.02.23

Wer hat einen Pflichtteilsanspruch?

Selbst wer per Testament auf dem Papier enterbt wurde, geht nicht unbedingt leer aus. Nahen Angehörigen steht nach § 2303 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) ein Pflichtteil zu, den sie geltend machen können. Meist bedeutet dies, dass sie sich eine Summe in Höhe der Hälfte der gesetzlichen Erbquote sichern können. Pflichtteilsberechtigte sind Ehepartner und etwaige gemeinsame Abkömmlinge (auch nichteheliche und adoptierte) und, sollte es keine Kinder geben bzw. diese nicht mehr leben, auch die eigenen Eltern und deren Abkömmlinge.

Enkel sind nur pflichtteilsberechtigt, wenn ihre Eltern – also die Kinder des Erblassers – nicht mehr leben. Stiefkinder haben keinen Anspruch auf einen Erbteil. Auch Ex-Ehepartner verlieren ihren Anspruch. Ebenfalls bei Vorliegen eines Berliner Testaments, das den Ehepartner begünstigt, gehen Pflichtteilsberechtigte nicht leer aus. Die Pflichtteilsberechtigten werden vom Nachlassgericht über den Erbfall informiert, ihren Anteil müssen sie jedoch selbst einfordern.

Wann kann ich meinen Pflichtteil einfordern?

Pflichtteilsansprüche ergeben sich, wenn nahe Angehörige durch ein Testament oder einen Erbvertrag von der Erbfolge ausgeschlossen wurden. Außerdem ergeben sich Ansprüche, wenn der ihnen zugedachte Anteil im Testament die gesetzliche Erbquote unterschreitet. Auch wenn das Erbe grundsätzlich ausgeschlagen wurde, hat der Ausschlagende Anspruch auf seinen gesetzliche festgelegten Anteil.

Das Gesetz schützt hier die Erben, indem es dem Erblasser auch über seinen Tod hinaus eine gewisse Fürsorgepflicht auferlegt. Der Pflichtteilsanspruch ist an den Tod des Erblassers geknüpft. Zu Lebzeiten können also keine Ansprüche geltend gemacht werden. Die Frist für die Geltendmachung des Anspruchs beginnt mit Ende des Jahres, in dem der Erblasser gestorben ist und endet nach drei Jahren. Erfahren die Pflichtteilsberechtigten erst später vom Tod des Erblassers, beginnt die Frist mit dem Ende des Jahres der Kenntnisnahme. Nach 30 Jahren erlischt der Anspruch auf den Pflichtteil.

Was steht Pflichtteilsberechtigten zu?

Der Pflichtteilsanspruch ist ein Anspruch auf Geldzahlungen aus dem Nachlass. Es besteht kein Anspruch auf bestimmte Gegenstände oder Immobilien. Der Berechtigte bekommt den anteiligen Wert ausgezahlt. Um ihn aufteilen zu können, muss zunächst einmal der Wert des Nachlasses ermittelt werden. Zur Erbmasse gehören Vermögenswerte genauso wie Schulden. Davon ausgehend beträgt der Anspruch die Hälfte des Wertes, der dem Pflichtteilsberechtigten laut gesetzlicher Erbfolge zugestanden hätte. Somit ist die Höhe des Anteils auch abhängig vom Grad der Verwandtschaft. Es ist als Mindestbeteiligung am Erbe anzusehen.

Pflichtteilsanspruch geltend machen

Sie möchten Ihren Pflichtteilsanspruch geltend machen, wissen aber nicht genau was Ihnen zusteht? Unsere Expert:innen für Erbrecht stehen Ihnen beratend zur Seite.

Wie kann ich meinen Pflichtteilsanspruch geltend machen?

Pflichtteilsberechtigte haben umfassende Auskunftsrechte: Die Erben müssen sie schriftlich über den Umfang und den Wert des Erbes in Kenntnis setzen. Über alle den Nachlass betreffenden wichtigen Informationen, z.B. Vorabschenkungen, Verträge oder Auflagen des Erblassers muss ihnen Auskunft erteilt werden. Pflichtteilsberechtigte dürfen ihre Ansprüche sofort, auch schon am Tag des Todes, einfordern. Außerdem dürfen sie ihren Anteil einklagen, sollten sich die begünstigten Erben sperren, oder andere Faktoren die Auszahlung des Anteils verhindern.

Wie kann die Anspruchssumme reduziert werden?

Eine Möglichkeit für den Erblasser, die Verteilung der Erbmasse noch weitergehend zu beeinflussen, ist, die Anspruchssumme zu reduzieren. Zum Beispiel um den Anteil, den ein unliebsamer Angehöriger, der laut gesetzlicher Erbfolge einen Pflichtteilsanspruch gehabt hätte, so gering wie möglich zu halten. Zum Beispiel können Schenkungen, die rechtzeitig vor dem Tod getätigt werden, die Anspruchssumme reduzieren. Erfolgt die Schenkung weniger als zehn Jahre vor dem Tod, haben Angehörige aber ggf. Pflichtteilsergänzungsansprüche und somit ein Recht auf Ausgleichszahlungen. Wer sich zu Lebzeiten mit einem Pflichtteilsberechtigten darauf einigt, dass dieser auf seinen Pflichtteil verzichten wird, kann ihm eine Abfindung auszahlen und der Anspruch auf den Pflichtteil im Erbfall erlischt. Diese Abmachung muss notariell beurkundet werden.

Der Erblasser hat außerdem die Möglichkeit, die gesetzliche Erbquote zu verändern. Je nachdem, ob er mit seinem Partner in einer Zugewinngemeinschaft oder in Gütergemeinschaft oder -trennung lebt, ändert sich auch die Quote der Pflichtteile. Auch eine Adoption kann taktisch eingesetzt werden, um die Erbquote, und damit auch die Pflichtteilsquote, zu verändern. Bei günstiger Kombination kann der Erblasser den Pflichtteilsanspruch für unliebsame Pflichtteilsberechtigte deutlich schmälern.

Entzug des Pflichtteils

Ein Entzug des Pflichtteils kann aus besonderen und schwerwiegenden Gründen vorgenommen werden. Die Gründe müssen ausdrücklich und unmissverständlich im Testament aufgeführt werden. Ein Pflichtteilsberechtigter kann seinen Anspruch verlieren, wenn er

  • dem Erblasser oder einem nahen Angehörigen nach dem Leben trachtet oder gar für seinen Tod verantwortlich ist. Er hat sich damit erbunwürdig gemacht.
  • gegenüber dem Erblasser grobes Fehlverhalten zeigt.
  • seinen Unterhaltspflichten nicht nachgekommen ist.
  • eine Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr ohne Bewährung verbüßen muss oder wegen dieser Tat in eine psychiatrische Einrichtung eingewiesen wurde.

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Häufig gestellte Fragen

Bei welchem Gericht die Klage eingereicht werden muss, hängt vom Streitwert ab. Bis zu 5.000 Euro ist das Amtsgericht zuständig. Ist der Streitwert höher, sind die Landgerichte zuständig.

Es gibt im Netz verschiedene Pflichtteilsrechner, z.B. unter https://www.advocado.de/ratgeber/erbrecht/pflichtteil/pflichtteilsanspruch-einfach-erklaert.html. Eine individuelle und rechtssichere Aussage zu Ihrem Fall kann jedoch nur ein Fachanwalt treffen. Lassen Sie sich beraten!