Ich bin im Winter ständig krank – ab wann droht die Kündigung?

Wiederholte Krankheiten, wie Erkältungen oder andere Infekte, sind vor allem im Winter keine Seltenheit. Doch eine Erkrankung alle paar Wochen ist nicht nur aus gesundheitlichen Gründen anstrengend. Es kann auch eine Belastung für ein Arbeitsverhältnis sein. Wir klären über mögliche Folgen auf.

Kündi­gung wegen Krank­heit

Kündigungen wegen häufiger Kurzerkrankungen sind grundsätzlich möglich, müssen allerdings hohe Anforderungen erfüllen. Für eine krankheitsbedingte Kündigung hat die Rechtsprechung 4 Stufen entwickelt, deren Voraussetzungen erfüllt sein müssen.

Stufe 1. Nega­tive Gesundheits­prognose: Wie entwickeln sich die krankheits­bedingten Fehl­zeiten?

Bei einer krankheitsbedingten Kündigung geht es weniger darum, wie oft Sie konkret in der Vergangenheit krank waren. Es ist also keine Sanktion für vergangene Krankheitstage. Vielmehr geht es darum, ob Sie Ihrem Arbeitsplatz auch zukünftig wegen häufiger Kurzerkrankungen in erheblichem Umfang fernbleiben. Dafür braucht der Arbeitgeber objektive Anhaltspunkte – wobei die bisherigen krankheitsbedingten Fehlzeiten natürlich eine Rolle spielen.

Um die Voraussetzungen der 1. Stufe zu erfüllen, muss von einer Erkrankung also auf weitere Ausfälle geschlossen werden können. Hat ein:e Mitarbeiter:in immer wieder verschiedene, wechselnde Krankheiten, kann dies etwa für eine generelle Anfälligkeit sprechen. In einem solchen Fall könnte die Gesundheitsprognose z.B. negativ sein.

Hinweis

Fehlt ein:e Mitarbeiter:in zusammengerechnet weniger als sechs Wochen (30 Arbeitstage) pro Jahr, kann eine krankheitsbedingte Kündigung in der Regel ausgeschlossen werden. Dieser Zeitraum entspricht der gesetzlich garantierten Dauer der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall.

Stufe 2. Erheb­liche Beein­trächtigung betrieb­licher Inter­essen

Die zu erwartenden krankheitsbedingten Fehlzeiten müssen mit einer erheblichen Beeinträchtigung betrieblicher Interessen in Verbindung stehen. Insbesondere geht es dabei um zukünftige Lohnfortzahlungskosten, die eine wirtschaftliche Beeinträchtigung darstellen kann.

Genauso spielt hierbei die Abwägung eine Rolle, ob die zu erwartenden Fehlzeiten zu schwerwiegenden Betriebsablaufstörungen führen werden.

Stufe 3. Möglich­keit milderer Mittel: Betrieb­liches Eingliederungs­management

Zusätzlich zu den ersten zwei Stufen muss der Arbeitgeber zeigen, dass ihm kein milderes Mittel zur Verfügung stand, als die Kündigung. Darunter fallen etwa die Versetzung in eine andere Abteilung sowie Umschulungs- und Fortbildungsmaßnahmen.

Vor allem geht es hier jedoch um Regelungen im Rahmen des „Betrieblichen Eingliederungsmanagements“. Dieses gesetzlich vorgeschriebene Verfahren sieht vor, dass der Arbeitgeber mit dem Mitarbeitenden und der zuständigen Interessenvertretung (Betriebsrat und /oder Schwerbehindertenvertretung) klärt, wie die Arbeitsunfähigkeit überwunden oder vorgebeugt werden kann.

Stufe 4. Interessen­abwägung und umfassende Betrachtung des Einzel­falls

Zuletzt muss der Einzelfall noch einmal genau analysiert werden: Sind betriebliche Ursachen ein Grund für die Erkrankungen? Hatte der Arbeitgeber bei der Einstellung Kenntnis von den Erkrankungen? Ferner sind Faktoren wie Beschäftigungsdauer, Alter, Familienstand, Unterhaltsverpflichtungen und Schwerbehinderung zu berücksichtigen.

Geht es um die Wirksamkeit einer krankheitsbedingten Kündigung wegen häufiger Kurzerkrankungen, ist damit stets eine Einzelfallentscheidung verbunden.

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Wo liegt die Schmerz­grenze?

Besonders an der 3. Stufe scheitern viele krankheitsbedingte Kündigungen vor Gericht. Gerade kleine oder mittlere Unternehmen halten die Vorgaben zum Betrieblichen Eingliederungsmanagement oft nicht ein. Doch die Gerichte beschäftigten sich auch immer wieder mit der Frage, wie viele Fehltage „zu viel“ sind.

So beantwortete das Bundesarbeitsgericht (BAG) 2018 in einem Urteil konkret die Frage nach den Fehlzeiten (Ur­t. v. 25.04.2018, 2 AZR 6/18). Das Gericht kam zu dem Schluss, dass eine krank­heits­be­ding­te Kün­di­gung ab durchschnittlich 17,3 Wo­chen (rund 87 Ar­beits­ta­ge) Ent­gelt­fort­zah­lung pro Jahr in Be­tracht kommt – bei ta­rif­lich un­künd­ba­ren Ar­beit­neh­mer:innen. Allerdings ist diese Zeitangabe nicht als Automatismus zu betrachten: Es kommt immer auf den Einzelfall an.

Für eine ordentliche Kündigung liegen die Hürden etwas niedriger. Hier kann die Kündigung bereits bei jähr­lich durchschnittlich mehr als sechs Wo­chen in Betracht kommen. Wenn Sie also aufgrund häufiger Kurzerkrankungen in den drei Jahren vor Kündigung in einem Jahr acht Wochen und in den darauffolgenden Jahren sieben Wochen arbeitsunfähig erkrankt waren, darf Ihr Ar­beit­ge­ber ei­ne Kündi­gung in Erwägung ziehen.

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