Eine Abmahnung dient dazu, dass dem Arbeitnehmer zunächst einmal sein Fehlverhalten aufgezeigt und er zur Besserung aufgefordert wird, bevor er im Falle einer Fortsetzung seines Fehlverhaltens dann als letztes Mittel auch gekündigt werden kann. Grundsätzlich ist so eine Abmahnung in den hier aufgeführten Fällen erforderlich. Anders wäre es nur, wenn die Pflichtverletzung und der damit verbundene Vertrauensbruch so schwerwiegend gewesen ist, dass eine Abmahnung (nur ganz) ausnahmsweise nicht erforderlich ist, oder wenn selbst nach einer Abmahnung keine positive Verhaltensänderung beim Arbeitnehmer zu erwarten ist. Daran ist aber wirklich nur in besonders schweren Fällen zu denken, die die ganz große Ausnahme sind.
Am 13. April 2017 hatte das Landesarbeitsgericht (LArbG) Berlin-Brandenburg (10 Sa 154/17) zu entscheiden, inwiefern das unbefugte Abrufen von Melderegisterdaten durch eine Angestellte im Bezirksamt zu einer außerordentlichen Kündigung führen kann.
Worum ging es?
Der Angestellten wurde mehrfach gekündigt, weil sie aus privaten Zwecken, sie selbst nannte es "Neugier", die Möglichkeiten genutzt hatte, die ihr durch ihre Arbeitsstelle zur Verfügung standen – sie griff mehrfach auf Melderegisterdaten zu, ohne dazu beruflich veranlasst worden zu sein. Die Arbeitnehmerin wehrte sich daraufhin gegen die Kündigung und klagte. Im Rahmen ihrer ersten Anhörung räumte sie einige der vorgeworfenen Verstöße ein. Unter anderem habe sie die Wohnanschrift einer Frau an den Ex-Mann weitergegeben, um diesen bei einem Unterhaltsstreit zu unterstützen. Ebenfalls hat sie die Datensätze der Tochter ihres Freundes "aus Neugier" aufgerufen, sowie weiterer Personen. Im schriftlichen Nachtrag zu ihrer Anhörung gab sie an, dass ihr die Verfehlung ihres Handels im Nachgang sehr leid tut und ihr das auch erst nach mehrmaligem Lesen des Anhörungsprotokolls richtig bewusst geworden sei. Außerdem versicherte sie, dass ein solches Fehlverhalten zukünftig nicht mehr vorkommen wird.
Was spricht gegen die Kündigung wegen Verrat von Betriebsgeheimnissen?
Die zuständigen Gerichte hatten der Kündigungsschutzklage stattgegeben und die Kündigung somit für unwirksam erklärt. Die Angestellte habe nicht mit krimineller Energie gehandelt und die Verstöße habe sie gegenüber fünf Personen aus ihrem privaten Umfeld begangen. Eine Abmahnung sei daher vor der Kündigung erforderlich gewesen. Das Berufungsgericht bezog auch noch Stellung hinsichtlich des ihr vorgeworfenen Arbeitszeitbetrugs. Dieser liegt vor, wenn der Arbeitnehmer sich Arbeitszeiten bezahlen lässt, in denen er keine Arbeitsleistung erbringt. Hier hat die Klägerin, innerhalb ihrer bezahlten Arbeitszeit, privat Daten abgefragt. Das Gericht hielt jedoch auch hier zumindest eine Abmahnung für erforderlich, wenn es nicht sogar so ist, dass die wenigen Sekunden für die Datenabfrage als "private Verrichtung während der Arbeitszeit" vom Arbeitgeber hinzunehmen sind. Zudem habe die Klägerin keine genauen Angaben zu der Häufigkeit ihres Fehlverhaltens gemacht, weshalb sie ihren Arbeitgeber auch nicht über die Häufigkeit getäuscht hat. Ihre Angaben, wonach sie nicht mehr genau sagen könne, wie oft sie unbefugt auf Daten zugegriffen habe, seien nur als ungefähre Angaben zu verstehen gewesen. Jedenfalls gab die Angestellte an, seit längerer Zeit nichts mehr in der Art unternommen zu haben. Eine Täuschungsabsicht war in ihren Erklärungen nicht erkennbar.
Warum war die Kündigung letztendlich doch rechtmäßig?
Inzwischen hat auch die Staatsanwaltschaft Ermittlungen durchgeführt, woraufhin Klage vor dem Amtsgericht Tiergarten erhoben und die Angestellte wegen Verstoßes gegen das Berliner Datenschutzgesetz verurteilt wurde. Hierbei sind auch weitere Erkenntnisse zum Vorschein gelangt, wonach die Angestellte in erheblich mehr Fällen und vor allem, entgegen ihrer Äußerungen im Rahmen ihrer Anhörung, auch bis kurz vor dem Anhörungstermin unbefugt Daten abgerufen hat.
Entscheidungsgründe
Durch die neuen Erkenntnisse erscheint das "Entschuldigungsschreiben" der Angestellten weit weniger aufrichtig. Zum damaligen Zeitpunkt schien es so, als wollte sie tatsächlich reinen Tisch machen, nachdem sie ihr Fehlverhalten eingesehen und sich aufrichtig entschuldigt hatte. Daher konnte auch davon ausgegangen werden, dass sie ihr Fehlverhalten zukünftig nicht wiederholen werde. Diesen Einschätzungen kann jedoch nicht mehr gefolgt werden. Noch am Tag vor der Anhörung hat sie unbefugt und zu privaten Zwecken auf Daten zugegriffen, woran sie sich dann allerdings innerhalb der Anhörung nicht nur nicht mehr erinnert hat, sondern behauptet hat, die letzte Handlung in dem Sinne liege schon mehrere Monate zurück. Es muss demnach an einem aufrichtigen Bedauern gezweifelt werden. Vielmehr sollten ihre Behauptungen nur ihrer Entlastung dienen. Es ist somit nicht ausgeschlossen, dass sie zukünftig erneut datenschutzrechtlich und strafrechtlich gegen Regelungen verstoßen würde.
Weiterhin kommt einer strafrechtlichen Verurteilung bei einer Angestellten des öffentlichen Dienstes eine besondere Bedeutung zu. Insgesamt ist ein Verstoß gegen datenschutz- und melderechtliche Vorschriften dazu geeignet, einen wichtigen Grund im Sinne des § 626 Abs. 1 BGB darzustellen. Den bei der Meldebehörde beschäftigten Personen ist es bundes- und landesgesetzlich untersagt, Daten unbefugt zu einem anderenals dem zur jeweiligen rechtmäßigen Aufgabenerfüllung gehörenden Zweck zu erheben und zu verarbeiten, insbesondere bekanntzugeben, zugänglich zu machen oder sonst in irgendeiner Art und Weise zu nutzen. Darüber hinaus fällt angesichts der Umstände auch eine Interessenabwägung nicht zugunsten der Angestellten aus. Die Kündigung ist schlussendlich wirksam.
Was sagt uns der Fall?
Der Fall hat deutlich gemacht, dass selbst der unbefugte Zugriff auf Daten zwar nicht zwangsläufig immer sofort und reibungslos zu einer Kündigung führen muss, jedoch durchaus führen kann. Im oben geschilderten Fall zog sich das Verfahren sogar über eine längere Zeit hin und einige Gerichte urteilten erst gegen eine Kündigung, bevor die Kündigung schlussendlich dann doch, angesichts der neuen Umstände, für rechtmäßig erklärt wurde. Es ist eben auch bei datenschutzrechtlichen und/oder strafrechtlichen Verstößen, durch den Verrat von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen, aber auch bei ähnlich schwerwiegenden Pflichtverletzungen mit einer Kündigung – unter Umständen auch mit einer außerordentlichen Kündigung – zu rechnen. Im konkreten Einzelfall sind immer die genauen Umstände zu berücksichtigen, die dann im Endeffekt auch entscheidend sein werden.
Hierzu sei zunächst einmal erklärt: Grundsätzlich greift die Verschwiegenheitspflicht über Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse nur während der Dauer des Arbeitsverhältnisses. Nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses ist der Arbeitnehmer daher regelmäßig berechtigt, zu seinem ehemaligen Arbeitgeber in Wettbewerb zu treten. Wenn der Arbeitgeber auch nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses sichergestellt haben will, dass der ehemalige Arbeitnehmer das betriebliche "Know-how" nicht weiter verwendet, muss er mit diesem ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot vereinbaren.
Die Regelungen über ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot sind in den §§ 74 ff. Handelsgesetzbuch (HGB) aufgeführt, wonach die Vereinbarung schriftlich geschlossen sein muss und dem Arbeitnehmer als Urkunde, die den Vertragsinhalt aufzeigt, ausgehändigt werden muss. Darüber hinaus schreibt § 74 Abs. 2 HGB deutlich vor, dass die Vereinbarung nur dann verbindlich ist, wenn der Arbeitnehmer für die Dauer des Verbots eine angemessene Entschädigung vom Arbeitgeber erhält, die mindestens die Hälfte von dem betragen muss, was der Arbeitnehmer zuletzt vor der Beendigung des Arbeitsverhältnisses beim Arbeitgeber verdient hat. Das Wettbewerbsverbot darf eine Dauer von maximal zwei Jahren – beginnend mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses – nicht überschreiten und ist vor allem auch nur dann zulässig, wenn das Verbot einem berechtigten Interesse des Arbeitgebers entspricht und den Arbeitnehmer nicht etwa nur in seinem eigenen Vorankommen hindern soll.
Für den Fall der Fälle kann sich der Arbeitgeber von seinem ehemaligen Arbeitnehmer die Zahlung einer Vertragsstrafe versprechen lassen, wenn dieser gegen das vereinbarte Wettbewerbsverbot verstößt (§§ 75c HGB i.V.m. 336 ff. BGB).
Holen Sie zuerst einmal tief Luft und beruhigen Sie sich: Wir schauen uns Ihren Fall genauestens an und überprüfen, welche Möglichkeiten Sie haben. Wir kennen uns auf dem Gebiet aus und verfügen über jahrelange Erfahrungen. Wir wissen ganz genau, welche Hürden der Arbeitgeber für eine wirksame Kündigung überspringen muss und wir wissen auch, wie wir diese Hürden im Interesse unserer Mandanten noch ein ganzes Stück höher bauen. Nutzen Sie die Chance und erfahren Sie in einer kostenfreien Erstberatung mehr über Ihre Erfolgsaussichten.