Wenn der Arbeitsweg versperrt ist: Wer trägt das Risiko?

Versperrt Ihnen ein Baum den Weg zur Arbeit? Oder ist die Bahn wieder ausgefallen? Diese Ausreden müssen Arbeitgeber nicht gelten lassen. Ab wann Sie ohne schlechtes Gewissen zu Hause bleiben dürfen, erfahren Sie hier.

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Viele Wege führen nach Rom

Durch Stürme wie „Sabine“ haben wir uns bereits daran gewöhnt, dass regelmäßig Straßen blockiert sind und inzwischen sorgt auch die Corona-Krise fast noch zuverlässiger als umgestürzte Bäume für Zugverspätungen und -ausfälle. Für Pendler ist das ein Ärgernis und nicht selten spricht man von „höherer Gewalt“, wenn es einfach nicht vorwärts geht. Naturgewalten entbinden einen aber nicht davon, pünktlich auf der Arbeit erscheinen zu müssen. Wenn im Winter beispielsweise die Straßen vereisen, ist das noch lange keine Entschuldigung, um zu spät oder gar nicht zur Arbeit zu kommen. Und falls sich die Zeiger der Uhr doch mal schneller bewegen, als Sie sich auf der zugefrorenen Straße, kann Ihr Arbeitgeber zumindest verlangen, dass die versäumte Zeit nachgearbeitet wird.

Achtung Umleitung!

Der Arbeitnehmer ist für sich selbst verantwortlich und nach dem sogenannten „Wegerisiko“ sogar verpflichtet, pünktlich am Arbeitsplatz zu erscheinen. Das Motto lautet also: Möglichst vorausschauend handeln, um später nicht dumm aus der Wäsche zu gucken. Dazu zählt unter anderem, mögliche Umwege und Zeitfresser einzuberechnen, für den Fall, dass der gewohnte Weg blockiert ist oder der Zug einmal ausfällt. Pendler-Prophylaxe zu betreiben heißt auch, seinem Chef bereits im Vorfeld über angekündigte Demonstrationen oder Baustellen zu informieren, um spätere Konfliktsituationen von vornherein zu vermeiden.

Ob der Arbeitsweg durch solche Ereignisse noch zumutbar oder bereits unzumutbar ist, kann schwer beantwortet werden, weil hierzu gesetzliche Formulierungen fehlen und es damit oft auf den Einzelfall ankommt. Fest steht jedoch: Wer einen Umweg aus privaten Gründen wählt und dadurch wiederholt zu spät kommt, kann vom Arbeitgeber abgemahnt werden. Außerdem verfällt für solche „Extratouren“ der Versicherungsschutz.

Kein leichter Weg

Wie das Bundesarbeitsgericht (BAG) urteilte, kann der Weg zum Arbeitsplatz auch länger dauern, wenn im Arbeitsvertrag kein fester Arbeitsort vereinbart ist. Versetzungen gelten im Sinne des Weisungsrechts des Arbeitgebers nach § 106 der Gewerbeordnung (GewO).

So klagte eine Arbeitnehmerin, die nach 15 Jahren an eine andere Zweigstelle ihres Arbeitgebers versetzt worden ist. Mit den öffentlichen Verkehrsmitteln betrug der neue Arbeitsweg etwa zwei Stunden. Unzumutbar, urteilte die Betroffene. Das BAG widersprach und gab dem Arbeitgeber Recht. Nach dem sogenannten „billigem Ermessen“ kann der Arbeitgeber den Arbeitsort näher bestimmen, wenn nach einer umfassenden Interessensabwägung das Interesse der Firma überwiegt (Az: 10 AZR 202/10).

Oder einfach formuliert: Der Arbeitgeber muss die familiäre Situation und die sozialen Lebensverhältnisse im Gegensatz zu seinen Interessen abwiegen – trotz ausdrücklicher Erwähnung einer möglichen Versetzung im Arbeitsvertrag (Az: 3 Sa 157/15).

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Wind, Wetter und widrige Arbeits­bedingungen

Ausnahmen bestätigen wie immer die Regel. Das gilt hierbei explizit für extrem widrige Arbeitsbedingungen. Wer zum Beispiel nur durch eine Fähre oder durch ein Flugzeug zu seinem Arbeitsplatz kommt, etwa auf eine Insel oder Offshore-Anlage, kann durch starken Wind oder Fluten davon abgehalten werden. In diesem Fall müssen Arbeitgeber den Lohn weiterzahlen, selbst wenn die Angestellten gar nicht vor Ort sind.

Eine andere „begründete Arbeitsverhinderung“ liegt vor, wenn zum Beispiel der öffentliche Nahverkehr zusammengebrochen ist oder die Straßen unbefahrbar und nicht zu umfahren sind. Kurzum: Sollten Arbeitnehmer keine Alternative haben, um ihren Arbeitsplatz zu erreichen, kann ihnen das nicht angelastet werden. Betroffene brauchen in diesem Fall keine arbeitsrechtlichen Konsequenzen seitens des Arbeitgebers fürchten – sollten den Grund der Verhinderung aber stets beweisen können. Anders als beim oberen Beispiel muss der Arbeitgeber hier für den Arbeitsausfall allerdings keinen Lohn zahlen. Es sei denn, dass Tarifverträge oder Betriebsvereinbarungen vorliegen, die eine Entlohnung auch im Falle einer Arbeitsverhinderung vorsehen.

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