EuGH-Urteil bringt das jetzige Geschäftsmodell der Schufa ins Wanken

Der EuGH hat am 7. Dezember 2023 entschieden, dass das Scoring der SCHUFA grundsätzlich verboten ist, wenn ein Unternehmen den SCHUFA-Score maßgeblich zur Entscheidung über einen Vertragsschluss heranzieht.

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Wie hat der EuGH in der Sache SCHUFA entschieden?

Der EuGH hat am 7. Dezember 2023 entschieden (Rechtssache C-634/21|SCHUFA Holding (Scoring) sowie die
verbundenen Rechtssachen C-26/22 und C-64/22| SCHUFA Holding (Restschuldbefreiung)), dass das Scoring der SCHUFA grundsätzlich verboten ist, wenn ein Unternehmen den SCHUFA-Score maßgeblich zur Entscheidung über einen Vertragsschluss heranzieht. Denn nach der in allen Mitgliedsstaaten der Europäischen Union unmittelbar geltenden Datenschutz-Grundverordnung soll kein Mensch einer Entscheidung unterworfen werden, die allein der Computer getroffen hat. Nach Ansicht des Verwaltungsgerichts Wiesbaden ist dies beim Scoring jedoch der Fall, weil ein Scorewert maßgeblich mitentscheidet, ob ein Verbraucher einen Kredit, einen Strom- oder einen Handyvertrag bekommt und wenn ja, zu welchen Bedingungen.

Wann erfolgt eine Abfrage des SCHUFA-Scores?

Eine Abfrage des automatisiert erzeugten SCHUFA-Scores erfolgt in der Regel vor Abschluss eines Vertrages, mit dem finanzielle Verpflichtungen verbunden sind:

  • Strom- und Energielieferungsverträge
  • Telekommunikationsverträge
  • Baufinanzierungen für Grundstücke und Wohnimmobilien
  • Verlängerungen (Prolongationen) von Immobilienkrediten
  • Leasing und Fahrzeugfinanzierungen
  • Verbraucherkredite für Anschaffungen im Haushalt
  • Eröffnung von Girokonten und Kreditkarten

Daneben ist der Abschluss eines Wohnraummietvertrages heute kaum ohne die Vorlage einer Selbstauskunft des Mieters möglich.

Was bedeutet die EuGH-Entscheidung für Unternehmen?

Nach dem Urteil des EuGH dürfen Unternehmen ab sofort nicht mehr ausschließlich auf Grundlage des automatisierten Scores der SCHUFA Holding AG entscheiden, ob und zu welchen Konditionen sie Verträge mit Kunden abschließen. Ab sofort muss in jedem Falle ein Mensch die letzte Entscheidung treffen – der Kreditsachbearbeiter einer Bank oder der Mitarbeiter des Energieversorgers. Nach Recherchen der taz fragen Banken und andere SCHUFA-Vertragspartner rund 300.000-mal am Tag Daten zur Bonität von Kunden ab.

Verbraucherschützer kritisieren, dass der Score zu oft maßgeblich darüber entscheide, ob und zu welchen Konditionen dem Verbraucher ein Vertrag angeboten werden. Der Geschäftsführer bei Check24 für den Kreditbereich erklärte am 30.11.2023 BILD gegenüber, dass die „direkte Ablehnung wegen Merkmalen oder Überschuldung […] bei circa 20 Prozent“ läge.

 

 

Abbildungen: Ablehnungen von Kontoeröffnungen, Verträgen oder Bestellungen 2010-2013 und Ablehnungen in Relation zum Score-Wert (N=48), siehe Abschlussbericht "Scoring nach der Datenschutz-Novelle 2009 und neue Entwicklungen", S. 111-112

 

 

Welche weiteren Folgen gibt es?

Das Urteil bedeutet auch, dass Betroffene ein weitgehendes Auskunftsrecht gegenüber der SCHUFA haben. Erst im Mai 2023 hatte die Konferenz der unabhängigen deutschen Datenschutzaufsichtsbehörden des Bundes und der Länder kritisiert, dass „betroffenen Personen … oft verständliche Informationen über Details der Scoringverfahren und die Bedeutung und Gewichtung einzelner Merkmale [fehlen]. Das Scoring ist daher für die Betroffenen intransparent und das Verfahren ist für sie auch nicht nachvollziehbar oder gar überprüfbar. Sie können daher das Ergebnis auch nicht substanziell entkräften.“ Das muss sich nun ändern.

Der EuGH hat „durchgreifende Zweifel“ geäußert, ob für das Scoring der Schufa überhaupt eine nationale Rechtsgrundlage besteht. Das Verwaltungsgericht Wiesbaden muss nun entscheiden, ob § 31 Bundesdatenschutzgesetz als Ausnahmeregelung vom Verbot einer automatisierten Entscheidung nach Art. 22 DSGVO herangezogen werden kann.

Außerdem hat der EuGH heute entschieden, dass die SCHUFA Informationen aus öffentlichen Registern - wie z.B. dem Insolvenzregister – nicht länger als sechs Monate speichern darf. Ferner sind auch die Entscheidungen von Datenschutzbehörden gerichtlich überprüfbar.

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