Darf ich meinen Hund mit ins Büro bringen?

Das Landesarbeitsgericht Mainz hat durch Urteil festgestellt, dass Arbeitgeber:innen darüber entscheiden dürfen, ob ein Hund mit zur Arbeit gebracht werden darf oder eben nicht. Das gilt auch dann, wenn es sich um einen Assistenzhund handelt (Az. 2 Sa 490/21).

Assistenzhund muss Zuhause bleiben

Im vorliegenden Fall hatte eine Arbeitnehmerin geklagt. Ihr Chef hatte Ihr untersagt, ihren Hund mit auf die Arbeit zu nehmen. Die Besitzerin gab an, unter einer posttraumatischen Belastungsstörung zu leiden. Ihr Vierbeiner diene ihr deshalb als Assistenzhund.

Mitarbeiter:innen im Büro fühlten sich von dem Hund jedoch verängstigt. Der Vorgesetzte teilte der Hundebesitzerin Folgendes mit:

 

Sehr geehrte […],

leider kann ich das weitere Mitbringen Ihres Hundes [..] nicht mehr zulassen. Ich sehe auch die Lösung mit dem Hund im Garten als gescheitert an. Dies hat zum einen den Grund, dass ich Ihren Hund als gefährlich ansehe, zum anderen ist die Regelung nicht umzusetzen bzw. der Hund lief trotzdem ohne Leine in das Haus. Die Bedrohung, welche durch diesen nicht sozialisierten Hund ausgeht, sehe ich als erheblich. Sie haben nicht beweisen können, dass das von mir entgegengebrachte Vertrauen angebracht ist. Ich bitte Sie um Verständnis, dass ich zu diesem Ergebnis komme. Das Verhalten des Tieres und ihr Umgang mit den getroffenen Regelungen lassen mir keine andere Wahl, als das Mitbringen des Hundes [...] zu verbieten. Bei Zuwiderhandlungen muss mit disziplinarischen Maßnahmen gerechnet werden.

Aufforderung des Werkleiters vom 6. Juli 2020

Daraufhin klagte die Angeschriebene und wollte vom Gericht feststellen lassen, dass sie zur Mitnahme ihres Assistenzhundes berechtigt sei. Ohne Erfolg. Laut dem Gericht ist nicht die mögliche Eigenschaft des Hundes als Assistenz ausschlaggebend, sondern dass die Angestellten stetig Angst haben mussten. Die Mitnahme kann somit nicht gerechtfertigt werden, weil der Betriebsverlauf dadurch erheblich gestört wird.

Wann eine Mitnahme des Hundes grundsätzlich möglich ist

Grundsätzlich gilt: Wenn der Chef Hunde auf der Arbeit verbietet, müssen sich die Angestellten daran halten. Wer sich trotz gerechtfertigter Weisung seinem Arbeitgeber widersetzt, muss arbeitsrechtliche Konsequenzen befürchten. Bei unerlaubter Mitnahme kann eine Abmahnung und bei wiederholten Widersetzen sogar eine Kündigung drohen. Es gibt jedoch Ausnahmesituationen, bei denen die Mitnahme eines Hundes prinzipiell gestattet werden muss. Das Urteil des LAG lässt aber auch darauf schließen, dass diese Ausnahmesituationen ebenfalls wegfallen, wenn Mitarbeitende sich ernsthaft bedroht fühlen müssen und ein normales Arbeiten nicht mehr möglich ist.

#1 Betriebliche Übung & Vertrag

Die Mitnahme muss grundsätzlich gestattet werden, wenn der Anspruch auf Grundlage der sogenannten "betrieblichen Übung" fußt. Bei einer betrieblichen Übung handelt es sich um eine wiederholt gewährte freiwillige „Leistung“ aufseiten des Arbeitgebers. Das wäre hier der Fall, wenn der Vorgesetzte die Mitnahme des Vierbeiners über Jahre erlaubte. Dem Arbeitgeber wird es dann schwierig gemacht zu begründen, warum eine Mitnahme auf einmal nicht mehr möglich ist.

Ein Anspruch kann sich auch aus einem Vertrag ergeben. Wenn darin eine Vereinbarung getroffen wurde, den Hund mitnehmen zu dürfen, kann diese Vereinbarung nur bei berechtigtem Interesse rückgängig gemacht werden.

#2 Ohne Hund geht es nicht

Ein weiterer Anspruch entsteht, wenn die Person während der Arbeit auf den Hund angewiesen ist. Beispielsweise dann, wenn es sich um einen Blindenhund handelt. Dieser Anspruch hat im oben genannten Verfahren nicht gegriffen. Laut Gericht entbindet eine psychische Erkrankung die Klägerin nicht von ihrer Verantwortung als Mitarbeiterin, die Betriebsabläufe nicht zu stören.

#3 Bei Ungleichbehandlung

Auch aus dem Gleichbehandlungsgrundsatz kann sich ein Anspruch ergeben. Das wäre der Fall, wenn es anderen Mitarbeiter:innen in der gleichen Abteilung erlaubt wird, ihren Hund mitzubringen, nur einer Person nicht. Aus sachlichen Gründen kann eine Ungleichbehandlung jedoch gerechtfertigt werden. Im vorliegenden Fall reichte die Angst der Mitarbeiter aus, um diesen Umstand zu erfüllen.